Judenverfolgung


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Gegen die nationalsozialistische Judenpolitik gab es in der Bevölkerung nur wenige Proteste und selbst ein Teil der späteren Verschwörer des 20. Juli 1944 hielt anfangs die „Rassengesetze“ für immerhin diskutabel.


Ab Oktober 1941 begannen die Deportationen der Juden aus dem Deutschen Reich. Von den rund 163.000 waren Anfang 1943 noch 50.000 übrig. Sie verdankten ihr Leben entweder dem „privilegierten“ Zustand einer „Mischehe“ oder dem Umstand, dass sie als Arbeitssklaven in der Rüstungsindustrie eingesetzt waren.


Das änderte sich im Februar 1943: In Berlin wurden die jüdischen Zwangsarbeiter, die durch den „Judenstern“ sofort erkennbar waren, in einer „Aktion“ („Fabrikaktion“) von ihren Arbeitsstätten geholt, um sie zu deportieren. Es handelte sich durchweg um Männer.


Unter ihnen befanden sich zahlreiche Juden, die in einer „privilegierten Mischehe“ lebten. Und es passierte, was im „Dritten Reich“ einmalig blieb: Die Ehefrauen demonstrierten vor dem Sammellager „Rosenstraße“. Und das Erstaunliche: Sie erreichten mit ihrem Protest tatsächlich die Entlassung ihrer inhaftierten jüdischen Männer.


Anschaulich lässt sich die Lage von noch in Deutschland lebenden Juden am Beispiel von Victor Klemperer aufzeigen. Klemperer war 1912 zum Protestantismus konvertiert, doch nach den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 galt er den Nationalsozialisten als Jude. Da er mit einer „Arierin“, der Pianistin und Malerin Eva Schlemmer, verheiratet war, lebte er in einer „privilegierten Mischehe“, die ihn vor einer Deportation schützte.


Klemperer wurde sich der Fragilität seiner Existenz jeden Tag aufs Neue bewusst, wie seine Tagebucheintragungen eindrücklich belegen. Am Abend des 4. März 1943 notierte er: Genaue Ziffern: Evakuiert wurden 290 Juden, hier in Dresden befinden sich im ganzen nur noch reichliche 300, von denen 130 Sternträger sind. Auch Hirschel war in düsterer Stimmung. Eben war ihm von der Gestapo mitgeteilt worden, daß sie sein Haus gekauft habe, daß er es binnen 10 Tagen räumen muß. Er erhält Räume im Gemeindehaus. Seine Möbel gehen da nur zum kleinen Teil hinein, einen Speicher darf er nicht mieten. Er will versuchen möglichst vieles in den Kellerräumen des Gemeindehauses zu verstauen (zit. nach: Victor Klemperer: Die Tagebücher, S. 2691, vgl. Klemperer-TB, S. 138, S. 817; http://www.digitale-bibliothek.de/band150.htm).


Personen wie Klemperer waren täglich Ächtung und Diskriminierung ausgesetzt und hatten Todesangst. Gefährdet waren die Mischehen durch Pläne, die Zwangsscheidungen vorsahen, um dann den jüdischen Partner umgehend zu deportieren. Da das Regime während des Krieges jedoch eine öffentliche Diskussion der „Mischehenfrage“ vermeiden wollte, unterblieb die Zwangsscheidung ebenso wie die beispielsweise von Himmler betriebene Zwangssterilisation von „Mischlingen“.


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