Mitarbeit in den Kirchenausschüssen


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Im Oktober 1935 begann Reichskirchenminister Hanns Kerrl mit der Einsetzung von sogenannten „Kirchenausschüssen“, die bis zu einer endgültigen Neuordnung die Leitung der zerstrittenen evangelischen Kirche übernehmen sollten.


Kerrl besetzte die Kirchenausschüsse mit Vertretern der kirchenpolitisch neutralen Mitte sowie gemäßigten Mitgliedern der Bekennenden Kirche und der Deutschen Christen. Diese Zusammensetzung entsprach seinem Ziel, eine einheitliche und vom Staat kontrollierte evangelische Reichskirche zu schaffen, in der alle Gruppen des deutschen Protestantismus friedlich zusammenarbeiten sollten.


Neben der Bildung des von Wilhelm Zoellner geleiteten Reichskirchenausschusses gelang Kerrl auch die Einsetzung von Ausschüssen in der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union und einigen weiteren Landeskirchen.


In einem Aufruf vom 17. Oktober 1935 bekannten sich der Reichskirchen- und der altpreußische Landeskirchenausschuss zum Evangelium von Jesus Christus, wie es … in der Heiligen Schrift bezeugt und in den Bekenntnissen der Reformation neu ans Licht getreten ist, bejahten aber zugleich die nationalsozialistische Volkwerdung auf der Grundlage von Rasse, Blut und Boden und riefen die Gemeinden dazu auf, in Fürbitte, Treue und Gehorsam zu Volk, Reich und Führer zu stehen.


Zur Mitarbeit in den Kirchenausschüssen fanden sich Vertreter aus fast allen kirchlichen Gruppen bereit. Auch einzelne Mitglieder der Bekennenden Kirche traten in die Ausschüsse ein. Die intakten Landeskirchen verhinderten zwar die Bildung von Kirchenausschüssen in ihren eigenen Kirchen, plädierten jedoch für eine bedingte Zusammenarbeit mit den Ausschüssen.


Eine Ausnahme bildeten die Bruderräte in den zerstörten Landeskirchen, die jede Zusammenarbeit mit den Ausschüssen verweigerten. Abgelehnt wurden die Ausschüsse auch von den radikalen Deutschen Christen, weil sie um ihre Machtpositionen fürchteten. Wegen der Ausschussfrage kam es 1936 zur Spaltung der Bekennenden Kirche.


Anfangs leisteten die Ausschüsse tatsächlich einen Beitrag zur Befriedung der Kirche, indem sie zum Beispiel kirchenpolitische Disziplinarmaßnahmen aufhoben. Die Kirchenausschusspolitik des Reichskirchenministers begann jedoch schon nach kurzer Zeit zu scheitern.


Spätestens als der Reichskirchenausschuss im Sommer 1936 die Irrlehren der Thüringer Deutschen Christen verurteilte, begann das Ministerium die Ausschüsse massiv zu behindern, weil sie angeblich die Bekennende Kirche bevorzugten. Der Reichskirchenausschuss trat im Februar 1937 desillusioniert zurück, kurz darauf demontierte das Ministerium auch die übrigen Ausschüsse.


Quelle / Titel


  • ©Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, Best. 500 Nr. 3780

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