Das Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten


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Im Juli 1935 beauftragte Hitler den Minister ohne Geschäftsbereich Hanns Kerrl mit der Wahrnehmung der kirchlichen Angelegenheiten. Mit der Bildung des „Reichsministeriums für die kirchlichen Angelegenheiten“ wurde das deutschchristliche Kirchenregiment unter Reichsbischof Ludwig Müller entmachtet. Zugleich wurde deutlich, dass die Bekennende Kirche keine staatliche Anerkennung finden würde. Hanns Kerrl glaubte an die Vereinbarkeit von Nationalsozialismus und Christentum. Sein Ziel war eine einheitliche und vom Staat kontrollierte evangelische Reichskirche, die alle Gruppen des deutschen Protestantismus umfassen sollte.


Viele Pfarrer und verantwortliche Kirchenleiter sahen in Kerrls Beauftragung ein Angebot des Staates zur Neuordnung der zerrütteten evangelischen Kirche, das man nicht ausschlagen dürfe. So erklärte die Standesvertretung der evangelischen Pfarrer, der Reichsbund der deutschen evangelischen Pfarrervereine, in einem Schreiben vom Juli 1935, sich für eine mögliche Zusammenarbeit bereitwilligst zur Verfügung zu stellen. Kerrl konnte anfangs sogar das Vertrauen weiter Kreise der Bekennenden Kirche erwerben. Gegen den Widerstand der Bruderräte plädierten die zur gemäßigten Bekennenden Kirche gehörenden intakten Landeskirchen für eine Unterstützung Kerrls.


Durch das „Gesetz zur Sicherung der Deutschen Evangelischen Kirche“ vom 24. September 1935 wurde der Minister mit weitgehenden Eingriffsmöglichkeiten in die Kirche ausgestattet. Er nutzte seine Befugnisse, um die evangelische Kirche nach seinen Vorstellungen zu „befrieden“ und setzte dazu sogenannte Kirchenausschüsse ein. Als diese Ausschüsse Anfang 1937 scheiterten, begann er, die intakten Landeskirchen auf dem Verordnungsweg kaltzustellen, während er die Bruderräte kriminalisierte und von der Gestapo verfolgen ließ. Jetzt urteilten auch die intakten Landeskirchen, dass das Reichskirchenministerium ein Ministerium zur Zerstörung der Kirche sei, wie es der bayerische Oberkirchenrat Thomas Breit im April 1937 formulierte.


In kirchlichen Kreisen blieb dabei auch nicht unbemerkt, dass Kerrl die Richtlinien der staatlichen Kirchenpolitik zunehmend weniger selbst bestimmen konnte. Tatsächlich hatte er im NS-Machtgefüge von Anfang an eine schwache Stellung. Viele Kompetenzen lagen bei anderen Ministerien, vor allem aber bei kirchenfeindlichen Parteigrößen wie Alfred Rosenberg, Heinrich Himmler, Rudolf Heß und Martin Bormann. Mit dem Scheitern der Kirchenausschüsse verlor Kerrl den Rückhalt bei Hitler und konnte sich gegen seine innerparteilichen Gegner nicht mehr durchsetzen. Teile der kirchlichen Mitte hielten jedoch trotzdem an ihrer Überzeugung fest, die evangelische Kirche im vertrauensvollen Zusammenwirken mit dem NS-Minister neu ordnen zu können.


Quelle / Titel


  • ©Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte München, A 1. 50.

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