Zur Auslegung „Du sollst nicht töten“


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Gemäß der theologischen Tradition billigte die Synode dem Staat zwar als Mittel obrigkeitlicher Gewalt das Töten des Feindes im Krieg zu sowie das Töten des Verbrechers zum Schutz der Gemeinschaft. Allerdings betonte man, dass die göttliche Ordnung Begriffe wie „Ausmerzen“, „Liquidieren“ und „unwertes Leben“ nicht kenne. Ganz und gar nicht konnte und wollte man hingegen das „Ausmerzen“ von „unwertem“ Leben mit den Grundsätzen der göttlichen Ordnung vereinbaren.


Angeknüpft wird dabei an die Eingaben von Pastor Paul Braune, dem Leiter der Hoffnungstaler Anstalten, oder von Landesbischof Theophil Wurm, die sich gegen die sogenannte „Euthanasie“-Aktion 1940 richteten. Die NS-Propaganda hatte ganz bewusst den euphemistischen Begriff „Euthanasie“ gewählt, um das zu verschleiern, was die „Aktion“ beinhaltete: die planmäßige Ermordung von geistig und körperlich behinderten Menschen. Sowohl Braune als auch Wurm hatten bei den zuständigen staatlichen Stellen energisch gegen die Tötung geistig und körperlich Behinderter protestiert.


Der Textauszug gibt Einblick in die Entwicklung von Punkt 14 der Erklärung. Die verabschiedete Fassung, in der die handschriftlichen Änderungen eingeflossen sind, lautet:


Über die Tötung des Verbrechers und des Feindes im Kriege hinaus ist dem Staat das Schwert nicht zur Handhabung gegeben. Was er dennoch tut, tut er zu seinem eigenen Schaden in Willkür. Wird das Leben aus anderen als den genannten Gründen genommen, so wird das Vertrauen der Menschen zueinander untergraben und damit die Gemeinschaft des Volkes zerstört. Begriffe wie ,Ausmerzen’, ,Liquidieren’ und ,unwertes Leben’ kennt die göttliche Ordnung nicht. Vernichtung von Menschen, lediglich weil sie Angehörige eines Verbrechers, alt oder geisteskrank sind oder einer anderen Rasse angehören, ist keine Führung des Schwertes, das der Obrigkeit von Gott gegeben ist. [Hermle, Thierfelder, Herausgefordert, 666]


Quelle / Titel


  • © Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, Best. 50 Nr. 616

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