Nach dem Krieg: Stuttgarter Schulderklärung


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Nach dem Zusammenbruch und der Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft trafen sich auf Einladung Martin Niemöllers die Vertreter der Bruderräte der Bekennenden Kirche zu einer ersten Zusammenkunft in Frankfurt am Main („Reichsbruderratstagung“, 21.–24. August 1945). Damit waren viele Oppositionelle unterschiedlicher kirchlicher Richtungen erstmals wieder ungehindert im Gespräch. Hans Asmussen wurde zum Vorsitzenden bestimmt.


Bei der Kirchenleiterkonferenz im hessischen Treysa (27.–31. August 1945) wurde nach heftigen Kontroversen über den künftigen Kurs des Protestantismus die „Evangelische Kirche in Deutschland“ als Kirchenbund gebildet. Asmussen wurde Ratsmitglied und Leiter der Kirchenkanzlei der EKD mit Sitz in Schwäbisch Gmünd, wo seine Pfarrstelle war.


Von besonderer Bedeutung wurde seine Mitwirkung bei der „Stuttgarter Schulderklärung“ im Oktober 1945, die dem entstehenden Ökumenischen Rat der Kirchen gegenüber erstmals die Mitschuld der Kirchen an den Verbrechen der nationalsozialistischen Zeit erklärte. Von Asmussen stammte dabei die berühmte Wendung: Wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben. Diese Komparative sollten deutlich machen, dass auch die Bekennende Kirche weit hinter dem zurückgeblieben war, was angesichts der Gewaltherrschaft ihre Aufgabe gewesen wäre.


Freilich blieben die Sätze wenig konkret; besonders zum Völkermord an den Juden fand man zu diesem Zeitpunkt noch kein klares Bekenntnis. Als Asmussen den Text vor den Vertretern der Weltkirche verlas, beeindruckte sie aber, dass hier Männer sprachen, die selbst unter dem Regime gelitten und zum Teil lange Haftzeiten hinter sich hatten.


Von 1948 bis 1955 war Asmussen Propst von Kiel. Auch im Heidelberger Ruhestand blieb er ein gefragter Autor und Vortragsredner. Mit verstärkter Aufmerksamkeit widmete er sich der Ökumene, wofür er heftig angegriffen wurde. Man hielt ihm „katholisierende“ Tendenzen vor. Er starb am 30. Dezember 1968 in Speyer und wurde in Kiel beigesetzt. Auf seinem Grabstein steht: Ut omnes unum sint (... damit sie alle eins seien, Joh. 17,21).


Quelle / Titel


  • © Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, 2/1790

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