Das Altonaer Bekenntnis
Im Mai 1932 trat Hans Asmussen sein neues Amt als Hauptpastor an der Hauptkirche in Altona an. Der holsteinische Elbhafen, der erst 1936 nach Hamburg eingemeindet werden sollte, war eine Hochburg der Arbeiterbewegung. Am 17. Juli 1932, einem Sonntag, marschierten 7000 SA-Männer durch das „Rote Altona“ und lieferten sich blutige Schlägereien mit SPD- und KPD-Anhängern.
Während Asmussen über das fünfte Gebot predigte, begann ein Schusswechsel, der zu zahlreichen Toten und Verletzten führte. Der „Altonaer Blutsonntag“ schockierte die Gemeinde. Am 21. Juli hielten die Pastoren der Propstei einen „Notgottesdienst“, in dem durch Bibellesung und Gesang zur Buße aufgerufen wurde. Auf eine Predigt verzichtete man – weil die Kirche sich nicht für politische Auseinandersetzungen einspannen lassen, sondern ganz auf Gottes Wort hören wollte.
Auf dieser Linie lag nun auch das „Wort und Bekenntnis Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des öffentlichen Lebens“, kurz „Altonaer Bekenntnis“, das die Pastoren in den folgenden Monaten unter Asmussens maßgeblicher Leitung entwickelten: Kirche kann und will keine Bundesgenossenschaft im politischen Kampf eingehen, sondern muss sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, die Gewissen zu schärfen und das Evangelium zu verkündigen. So sollte sie gegen Missbrauch jeder politischen Richtung immun gemacht werden.
In seinen fünf Artikeln ließ das „Altonaer Bekenntnis“ bereits anklingen, was die Bekennende Kirche später als solche charakterisieren würde: Eine fundamentale politische Opposition zum Nationalsozialismus war von vornherein nicht intendiert, sondern gerade eine selbstbewusste Stärkung des kirchlichen Lehr-, Verkündigungs- und Seelsorgeauftrags auf der alleinigen Grundlage von Bibel und Bekenntnis.
Gerade dadurch wurde der Text nun dennoch zu einer politischen Provokation, weil er die Totalitätsansprüche von Nationalsozialismus und Kommunismus infrage stellte und sie mit der fundamentalen Geltung von Gottes Wort empfindlich begrenzte.
Das Bekenntnis wurde am 11. Januar 1933 veröffentlicht, kurz vor Hitlers Machtübernahme. Zugleich kommentierte Asmussen es ausführlich in seinem Buch „Politik und Christentum“, das ebenfalls 1933 erschien.
Praktisch pünktlich zum Jahrestag des Bekenntnisses wurde er in den Ruhestand versetzt; anderen Kollegen erging es ähnlich. Die Pensionierungsurkunde sprach davon, dass sein Verhalten einen fortgesetzten Protest und einen bewussten Widerstand gegen die [...] Kirchenleitung wie auch einen Kampf gegen die Deutsche Evangelische Kirche bedeute.
Quelle / Titel
- © Ev. Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte, München KK B 350-7