Schockierendes Erlebnis mit der NS-Propaganda


  • 1tes Bild zum Dokument
    Bildlupe

Zu einem ersten für Asmussen schockierenden Zusammenstoß mit den Nationalsozialisten kam es am 13. März 1929, als in Albersdorf der SA-Mann Otto Streibel zu Grabe getragen wurde. Trotz Verbots hatten sich am 7. März 1929 Hunderte von SA-Leuten zu einer Kundgebung im Nachbarort Wöhrden versammelt, die kurzerhand als geschlossene Mitgliederversammlung deklariert worden war. Abends zogen Kommunisten zu einer Gegendemonstration auf.


Es kam zu einer blutigen Straßenschlacht, bei der ein Kommunist und zwei SA-Leute getötet wurden. Zu den Begräbnisfeiern Letzterer in Sankt Annen und Albersdorf kamen jeweils rund 5000 Menschen zusammen, darunter Großaufgebote von SA und NSDAP mit Parteiführer Hitler an der Spitze.


Die Albersdorfer Begräbnisfeier hielt Asmussens neuer Amtsbruder Reinhold Schmidt (1873–1942). Er versuchte, die Emotionen zu dämpfen und warnte vor Rachegelüsten. Hitler dagegen nutzte den Anlass, um seine getöteten Parteigenossen zu christlichen Märtyrern zu erklären. So beanspruchte er die religiöse Deutung der Ereignisse für sich und seine Partei.


Der Polizei gelang es nur mit Mühe, eine Eskalation der Begräbnisfeier zu verhindern. Wenig später erschien die nationalsozialistische Propagandaschrift „Die Blutnacht von Wöhrden und ihre Folgen“, in der die Ereignisse nochmals geradezu religiös überhöht wurden.


Hans Asmussen protestierte scharf gegen die propagandistische Ausschlachtung des Begräbnisses – sowohl in seiner Gemeinde als auch in einem Brief an Hitler. Von nun an wandte er sich entschieden gegen jede Beeinflussung des kirchlichen Verkündigungsauftrags durch die Politik.


Doch der energische Widerspruch der Pastoren konnte nicht verhindern, dass die Mitgliederzahlen der NSDAP in Albersdorf und Umgebung nun innerhalb weniger Tage hochschnellten. Bald war die Gemeinde ein Zentrum des Nationalsozialismus in Holstein. Bis 1932 versuchte Asmussen, seine Position noch zu halten, dann trat er den Rückzug an und bewarb sich an die Hauptkirche in Altona.


Quelle / Titel


  • Kirche und Nationalsozialismus, hg. von Klauspeter Reumann, Neumünster 1988, Tafel 4 (© Foto: Privatbesitz M. Jakubowski-Tiessen, Göttingen)