„Heimkehr ins Reich“


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Nach dem Überfall auf Polen wurden die im Versailler Vertrag oktroyierten Gebietsabtrennungen rückgängig gemacht. Dabei handelte es sich insbesondere um Westpreußen und Posen. Darin befanden sich aber auch Randgebiete Oberschlesiens, des Masuren- bzw. Ermlandes sowie niederschlesischer und ostpommerscher Kreise, die teilweise nach Volksabstimmungen vom Deutschen Reich abgetrennt worden waren.


Insgesamt lebten in den dann polnischen Gebieten (ohne Danzig) nach massiver Abwanderung ins Reich noch gut eine halbe Million Deutsche, in der Mehrheit Protestanten. Nach der polnischen Niederlage wurden die westlichen Teile Polens noch 1939 dem Deutschen Reich – direkt und nicht als Provinzen Preußens – angegliedert. Jeweils um mehrheitlich polnisch bewohnte Gebiete vergrößert wurde die ehemals preußische Provinz Westpreußen und das Gebiet der Stadt Danzig zum „Gau Westpreußen/Danzig“ mit den Regierungsbezirken Danzig, Bromberg und Marienwerder.


An die Spitze des Gaus trat der bisherige Chef der Zivilverwaltung Albert Forster. Der südlich davon gelegene Militärbezirk Posen wurde zum „Reichsgau Wartheland“ mit den Regierungsbezirken Hohensalza, Posen und Litzmannstadt; Reichsstatthalter des Warthegaus wurde Arthur Greiser.


Die kirchliche Situation in diesen Gebieten war dadurch gekennzeichnet, dass sich die Gemeinden nach der Abspaltung von der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union zwar zu einer eigenen Kirche zusammengefunden hatten, aber dennoch engen Kontakt zur „Mutterkirche“ hielten. An der Spitze der Unierten Evangelischen Kirche in Polen stand Generalsuperintendent Paul Blau; das Konsistorium hatte seinen Sitz in Posen.


Die kirchliche Betreuung der ehemals deutschen, dann polnischen Staatsbürger durch den preußischen Oberkirchenrat einerseits sowie die zunehmende Formierung einer katholisch-polnischen Identität und einer entsprechenden Minderheitenpolitik andererseits führten zu politischen Verwerfungen und zunehmender nationaler Polarisierung der Konfessionskirchen. Die Situation der Protestanten war alles andere als konfliktfrei.


Folglich verlieh das Posener Konsistorium bereits im September 1939 seiner überschwänglichen Freude über den deutschen Sieg Ausdruck. In einem Aufruf hieß es: Das Wunder ist geschehen! Eure Träume sind Wirklichkeit geworden, eure Hoffnungen haben sich erfüllt, eure Gebete sind von Gott erhört. Er hat euch in dem Führer den Befreier von zwanzigjähriger polnischer Zwingherrschaft und in den tapferen Männern der deutschen Wehrmacht die Erretter aus grauenvoller Not gesendet (zit. nach: Hermle, Thierfelder, Herausgefordert, S. 572). Posener Konsistorium und Preußischer Oberkirchenrat tauschten Grußbotschaften aus und versicherten sich gegenseitig der nach wie vor bestehenden engen Bindungen.


Nach der Bildung des „Reichsgaus Wartheland“ versuchte die Deutsche Evangelische Kirche bzw. die Kirche der Altpreußischen Union, die Protestanten wieder der eigenen Kirche einzugliedern. Dies wurde ihnen jedoch trotz der Unterstützung seitens des Kirchenministeriums versagt. Das Wartheland sollte zu einem „Modellgau“ umgestaltet werden, der keine Kirchen im staatskirchenrechtlich garantierten Sinne mehr kannte. Dies wurde deutlich, als ein Mitarbeiter des Reichsstatthalters Arthur Greiser am 10. Juli 1940 Mitgliedern des Posener Konsistoriums mündlich Greisers „13 Punkte zur Trennung von Kirche und Staat“ vortrug.


In ihnen hieß es beispielsweise: 1. Es gibt keine Kirchen mehr im staatlichen Sinne, sondern es gibt nur noch religiöse Kirchengesellschaften im Sinne von Vereinen. 2. Die Leitung liegt nicht in Händen von Behörden, sondern von Vereinsvorständen. 3. Aus diesem Grunde gibt es auf diesem Gebiete keine Gesetze, Verfügungen und Erlasse mehr. 4. Es bestehen keine Beziehungen mehr zu Gruppen außerhalb des Gaues, auch keine rechtliche, finanzielle oder dienstliche Bindung an die Reichskirche. 5. Mitglieder können nur Volljährige durch eine schriftliche Beitrittserklärung werden. Sie werden also nicht hineingeboren, sondern müssen erst bei Volljährigkeit ihren Beitritt erklären. Es gibt keine Landes-, Volks- oder Territorialkirchen. Wer vom Altreich in den Warthegau zieht, muß sich auch erst schriftlich neu eintragen lassen (zit. nach ebd., S. 574).


Quelle / Titel


  • Grußwort: © Ev. Arbeitsgemeinschaft für Kirchl. Zeitgeschichte; Brief: © Ev. Zentralarchiv in Berlin, 7/18681.

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