Der „Fall Dehn“ in Halle


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Günther Carl Dehn (1882–1970) war ein evangelischer Pfarrer, religiöser Sozialist, später Ausbilder in der Bekennenden Kirche und nach dem Zweiten Weltkrieg Professor für Praktische Theologie an der Universität Bonn.


Nach seinem 2. Staatsexamen 1908 war er Domhilfsprediger in Berlin. Im Herbst 1911 tätig als Inspektor am Domkandidatenstift in Berlin, trat er seine erste Pfarrstelle im Oktober 1911 in Berlin Moabit an. Seine Gemeinde bestand vorwiegend aus proletarischen Arbeiterfamilien, denen er versuchte, Jesus Christus näher zu bringen. 1926 verlieh die Theologische Fakultät der Universität Münster Dehn für seine praktisch-theologische Jugendarbeit die Ehrendoktorwürde, mit der er somit die Erlaubnis erlangte, an deutschen Hochschulen zu lehren.



Vortrag in Magdeburg und öffentlicher Protest


Am 6. November 1928 hielt Günther Dehn einen für ihn folgenschweren Vortrag im Gemeindehaus der Ulrichskirche in Magdeburg mit dem Namen „Kirche und Volksversöhnung“. Er erkannte das Recht des Verteidigungskrieges an und lehnte im Prinzip die Kriegsdienstverweigerung ab. Des Weiteren kritisierte er Gefallenentafeln in Kirchen sowie die Ämter der Militär- und Feldgeistlichkeit.


In der Öffentlichkeit löste dieser Vortrag Empörung aus, die sich auch überregional ausbreitete. Der Protest entwickelte sich zu einer regelrechten Hetzkampagne. Zahlreiche Hass- und Drohbriefe erreichten Dehn und er hatte sich vor dem Landeskirchenamt in Berlin zu rechtfertigen. Ein halbes Jahr später erhielt er den Verweis. Nachdem Dehn vergebens eine Pfarrstelle gesucht hatte, wurde ihm im Dezember 1930 eine Stelle an der Universität Heidelberg angeboten. Noch vor seinem Amtsantritt wurde ihm der Hochschulposten aber wieder entzogen, da man die Universität über die Ereignisse von 1928 informierte.



Dehn in Halle


Im Februar 1931 erreichte Dehn ein Lehrangebot des preußischen Kultusministers Grimme für praktische Theologie in Halle/Saale, welches er annahm. Noch vor Amtsantritt wurden Flugblätter gegen Dehn vom NS-Studentenbund in der Stadt verbreitet. Der Rückhalt der Theologischen Fakultät wurde ihm zugesichert. Immer wieder kam es zu Protesten gegen Dehns Lehrtätigkeit in Halle. Nach dem Sommersemester 1932 erhielt Dehn einen zweisemestrigen Urlaub mit einem Auslandsstipendium, um Ruhe einkehren zu lassen. Kurze Zeit später wurde er trotz der Zusicherung der Theologischen Fakultät Halle, nach seinem Urlaub wiederkehren zu dürfen, endgültig beurlaubt.


Von 1936 bis 1941 war Günther Carl Dehn Dozent an der Kirchlichen Hochschule in Berlin. Wegen illegaler Lehrtätigkeit wurde er vom 9. Mai 1941 bis zum 3. Juli 1942 inhaftiert. Nach dem Krieg lehrte Dehn als Professor für Praktische Theologie an der Universität Bonn.


Quelle / Titel


  • © UA Halle, Rep. 11, PA 5296, Professor Günther Dehn

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