Wolfgang Hammer: Wider den sinnlosen „Endkampf“


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Wolfgang Hammer (1926–1995) wurde als Sohn eines evangelischen Lehrers in Ansbach geboren und besuchte das Gymnasium Carolinum. Eine enge Freundschaft verband ihn mit seinem katholischen Klassenkameraden Robert Limpert (1925–1945), den bis zum Ende des 20. Jahrhunderts in Ansbach umstrittenen Widerstandskämpfer.


Von den Eltern christlich-konservativ erzogen, teilten Hammer und Limpert bereits vor der Katastrophe von Stalingrad die skeptische Sicht auf die militärische Lage Deutschlands. Im November 1943 wurden sie von der Schule relegiert, weil sie sich am Abhören einer Lehrerkonferenz beteiligt hatten. Anlass dieser Konferenz war ein kriegs- und regimekritischer Anschrieb an mehreren Tafeln des Carolinums, den Hammer und Limpert in der Nacht angebracht hatten. An einem Erlanger Gymnasium konnten dann beide im Februar 1944 das Abitur ablegen.


Der herzkranke Robert Limpert wollte in der Schweiz orientalische Sprachen studieren. Als ihm dies verweigert wurde, begann er in Würzburg ein Theologiestudium. Wolfgang Hammer wurde zur Wehrmacht eingezogen und kehrte nach mehreren Verwundungen an der Ostfront an Weihnachten 1944 nach Ansbach zurück. Nun diskutierten die Freunde in konfessionsübergreifender Verbundenheit die Frage, ob man nicht Widerstand leisten müsse.


Nach erneutem Kriegseinsatz kehrte Hammer Anfang April 1945 in seine Heimatstadt zurück und stellte mit Limpert sowie den früheren Mitschülern Hans Stützer und Herbert Frank Flugblätter her, in denen sie zur kampflosen Übergabe Ansbachs an die heranrückenden amerikanischen Truppen aufforderten und Tod den Nazi-Henkern! forderten.


Ihre Texte vervielfältigten sie mit Matrizen in einer Behörde, zu der sie Zugang gefunden hatten. Sie klebten die Texte an Kirchen, Türen und Wände, besonders provokant aber auch in Schaukästen der NSDAP, für die sie sich einen Schlüssel verschafft hatten. Neben den bis zu 200-fach vervielfältigten Flugblättern verteilte die Gruppe auch Handzettel in größerer Zahl sowie Propagandamaterial, das von alliierten Flugzeugen abgeworfen worden war. Als Folge dieser Aktionen drohte die Partei, über Ansbach den Belagerungszustand zu verhängen.


In einer spontanen Aktion durchtrennte Limpert am 18. April 1945 ein Telefonkabel, das seiner Meinung nach zu einer vor der Stadt liegenden Wehrmachtseinheit führte. Tatsächlich waren die Soldaten bereits geflohen. Limpert wurde denunziert, vom Stadtkommandanten zum Tode verurteilt und von diesem wenige Stunden vor dem Eintreffen der Amerikaner eigenhändig bestialisch ermordet. Der Name Hammers fand sich später neben dem Limperts und anderer auf einer Schwarzen Liste von politischen Gegnern, die die Nationalsozialisten erstellt hatten.


Nach dem Krieg studierte Wolfgang Hammer Theologie. 1953 wurde er Stadtvikar in Augsburg, 1955 Studienleiter an der Evangelischen Akademie Tutzing. Zwei Jahre später übernahm er ein Pfarramt in Starnberg. Von hier aus wechselte er 1957 in den Dienst der Evangelisch-Reformierten Landeskirche Graubünden und übernahm die Gemeinde Bivio. 1967 wurde er Pfarrer in St. Moritz.


Neben seinem Pfarramt befasste sich Hammer mit historischen Themen und publizierte im Eigenverlag zwei kleine Schriften über das Leben des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli (1981) sowie über die Schlacht von Königgrätz (1984). Vor allem aber befasste er sich eingehend mit der Person Adolf Hitlers.


1970 wurde er in München mit der Studie „Die historischen, kulturellen und kirchlich-theologischen Strukturen in Adolf Hitlers Jugend und Heimat. Ihre politischen Wirkungen unter seiner Regierung und seine Urteile darüber“ promoviert. Zwischen 1970 und 1974 publizierte er einen dreibändigen „Dialog mit dem Führer“, in dem er Hitler als Messias, Tyrann und Prophet beschrieb. Trotz seiner dezidiert christlichen Perspektive und weniger analytischen als glossierenden Herangehensweise an Hitler verzichtete Hammer auf die zu dieser Zeit noch übliche konfessionelle Polemik.


Quelle / Titel


  • © Privatbesitz Alexander Biernoth, Ansbach