Spätes Schuldeingeständnis


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Die kirchliche Erinnerung an Martin Gauger nach Kriegsende war dürftig. In die Liste der „Blutzeugen“ der Bekennenden Kirche vom Januar 1948 wurde Gauger nicht aufgenommen. Im 1948 erschienenen Kirchlichen Jahrbuch für die Jahre 1933 bis 1944 wurde er mit seinem Bruder Joachim verwechselt. Im Jahr 1949 nahm Bernhard Heinrich Forck Gauger in die Liste der protestantischen Blutzeugen auf, Annedore Leber rechnete ihn hingegen dem Widerstand von Juristen zu. In der Krypta des Doms in Brandenburg/Havel wird seit 1953 mit einer Gedenktafel an Martin Gauger erinnert.


Als der Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands Mitte Oktober 1947 über die Versorgung der Mutter Gaugers, dem verstorbenen ehemaligen zeitweiligen Mitglied des Berliner Sekretariats des Lutherrats beriet, stellte man fest, dass weder für den Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (Lutherrat) noch für die bayerische Landeskirche eine Rechtsverpflichtung bestehe. An die bayerische Landeskirche bestehe allenfalls ein Billigkeitsanspruch. Frau Gauger wurde an die württembergische Landeskirche verwiesen mit der Begründung, ihr Sohn stamme aus der dortigen Landeskirche. Mit Württemberg stand allerdings nicht er, sondern sein Vater vor 1900 in einem Dienstverhältnis (T. M. Schneider, Protokolle, 339).


Vor der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg ging Otto Dibelius (1880–1967) im Januar 1960 auf die Tat seines namentlich nicht genannten Freundes Gauger ein. Seine Ausführungen standen im Kontext der Diskussion über seine Obrigkeitsschrift. Dibelius, der selbst zwei Söhne im Krieg verloren hatte, ließ es allerdings offen, ob er Gaugers Fluchtversuch als christliche Handlungsoption gegenüber einer entarteten Obrigkeit anerkannte.


Der Bund der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen schreibt seit 2004 alle zwei Jahre zum Internationalen Tag der Menschenrechte einen Schülerwettbewerb zu wechselnden gesellschaftlich relevanten Themen aus, der nach Martin Gauger benannt ist.


Im Juli 2006 entschuldigte sich der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Dr. Johannes Friedrich, im Namen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und der VELKD bei Martin Gaugers Schwester Dr. Hedwig Heiland. Die für Gauger zuständigen Kirchenleitungen hätten sich trotz seiner Gefährdung nicht für ihn eingesetzt und sich an ihrem Mitarbeiter schuldig gemacht. Seit Januar 2007 erinnert ein „Stolperstein“ vor dem Haus Hopfenstraße 6 in Wuppertal an Martin Gauger.


Quelle / Titel


  • © Landeskirchenamt der Ev.-Luth. Kirche in Bayern, München, Registratur

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