Das Attentat vom 20. Juli 1944


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Die von Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg in einer Aktentasche unter dem Lagetisch in Hitlers Rastenburger Hauptquartier platzierte Sprengladung tötete den Diktator nicht. Das Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 misslang. Damit scheiterten auch die übrigen Staatsstreichplanungen, die sogenannte „Operation Walküre“. Der gesamte Umsturzversuch schlug fehl.


Mehr als 200 Menschen, die mehr oder weniger stark zum Umfeld der „Verschwörer“ zählten, fielen der Rache Hitlers zum Opfer.


Anders als der Umsturzversuch nahelegt, war der „20. Juli“ nie eine geschlossene Bewegung, sondern bestand aus mehreren Widerstandsgruppierungen und -kreisen, die über Einzelpersonen sehr locker miteinander verbunden waren. Das Gros seiner Mitglieder kam aus jenen sozialen, politischen und militärischen Eliten, die zuvor die Demokratie von Weimar scharf bekämpft hatten.


Der „20. Juli“ war trotzdem keineswegs eine homogene Gruppe. Dagegen spricht schon die Beteiligung ehemaliger Sozialdemokraten wie Julius Leber, Wilhelm Leuschner, Carlo Mierendorff und Theodor Haubach. Es gab Jung und Alt in diesem Widerstand und entsprechend harte, auch durch Generationskonflikte geprägte Gegensätze – etwa zwischen Carl Goerdeler und Stauffenberg. Es gab überwiegend militärisch Denkende und Handelnde und auch sehr zivile Elemente in diesem Widerstand.


Es gab NS-Gegner der ersten Stunde wie Helmuth Graf James von Moltke und „alte Kämpfer der NS-Bewegung“ wie Wolf-Heinrich Graf von Helldorf und Fritz Dietlof Graf von der Schulenburg. Es gab schließlich auch dunkle Punkte im Widerstand des „20. Juli“. Spätere Verschwörer wie die Generäle Karl-Heinrich von Stülpnagel und Erich Hoepner, aber auch der Gestapomann Arthur Nebe, müssen, wie der Militärhistoriker Manfred Messerschmidt schreibt, zu den Vollzugsorganen der Vernichtungspolitik gezählt werden.


Der hohe Adelsanteil im „20. Juli“ entsprang keineswegs einer generell oppositionellen oder widerständigen Haltung des deutschen Adels insgesamt. Entgegen einer lange herrschenden Auffassung, dass der Widerstand des „20. Juli“ von Anfang an ein Widerstand um der Ehre und des Anstands willen gewesen sei, stand das Attentat auf Hitler am Ende eines langen Weges, der nicht geradlinig verlief, sondern zahlreiche Kehrtwendungen und Umwege aufwies.


Das politische Handeln der meisten Verschwörer, die in ihrem alltäglichen Berufsleben oft genug in die Besatzungspolitik und in die Kriegsmaschinerie eingebunden waren, bewegte sich im Spannungsfeld von Mitmachen und Widerstehen, von Zusammenarbeit und Verweigerung, von Loyalität und Opposition. Fundamentale Opposition ohne Wenn und Aber seit 1933 war die große Ausnahme. Der Entschluss, das eigene Leben zum Sturze Hitlers einzusetzen, war keineswegs von Anfang an da, sondern entwickelte sich zunächst


- aus der Teilopposition gegen bestimmte Gruppen des Regimes wie die SS,


- aus dem wachsenden Widerwillen gegen die Mediokrität und Korruptheit der neuen Machthaber,


- und nicht zuletzt aus der scharfen Kritik an militärischen Maßnahmen wie etwa dem Krieg gegen die Westalliierten und Hitlers militärischem Dilettantismus an der sogenannten Ostfront.


Aber je offenbarer der verbrecherische Charakter des Regimes wurde, desto mehr wurden die militärischen und politischen durch moralische Beweggründe überblendet. Die Abscheu vor dem menschenverachtenden Charakter des Regimes ging bei vielen Verschwörern mit einer Neubewertung des christlichen Glaubens einher. Die starke Betonung christlicher Werte als sittlichem Gegenpol zum verbrecherischen NS-Regime ist deshalb für den Widerstand des 20. Juli charakteristisch.


Aus den Verhörprotokollen der Gestapo geht hervor, dass ungefähr 20 der aktivsten Verschwörer eine christliche Motivation als Grund für ihr Denken und Handeln bezeugten und dass eine außerordentlich starke christlich-kirchliche Bindung im 20. Juli 1944 lag. Doch nicht nur in den Verhörprotokollen, sondern auch in den Abschiedsbriefen der zum Tode Verurteilten fand die christliche Bindung ihren Niederschlag, wie beispielsweise in den Schreiben von Hans-Bernd von Haeften oder Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort.


Quelle / Titel


  • Adam Karr, gemeinfrei

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