Gebetsliturgie der Zweiten Vorläufigen Kirchenleitung


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Nachdem sich 1936 die Bekennende Kirche in zwei Lager aufgespalten hatte, in die „intakten“ Landeskirchen und einen „radikalen“ Flügel, entstanden im Frühjahr 1936 zwei Leitungsorgane, der „Rat der evangelisch-lutherischen Kirche“ (Lutherrat) und die Zweite Vorläufige Kirchenleitung (2.VKL).


Durch die „Sudetenkrise“ im September 1938 war der Ausbruch eines Krieges unmittelbar zu erwarten. Der Baseler Theologe Karl Barth solidarisierte sich als Reaktion auf die Entwicklung in einem Brief mit dem tschechischen Volk. Kurz danach gab die Zweite Vorläufige Kirchenleitung eine Gebetsliturgie heraus, die angesichts eines drohenden Krieges in den Gottesdiensten am 30. September 1938 gebetet werden sollte. Hier wurde das eigene Versagen zum Ausdruck gebracht, Gottes Beistand erwartet und die Hoffnung auf Frieden formuliert.


Durch das Münchner Abkommen wurde der Krieg im letzten Moment abgewendet und die Liturgie kam nicht zur Anwendung. Das änderte aber nichts an der heftigen Reaktion seitens der NS-Propaganda: Die Zeitschrift der SS, „Das Schwarze Korps“, beschuldigte sie des Verrats und der Sabotage und bezeichnete das Ganze als Gesinnungslumperei des politisierten Klerus. Die Zweite Vorläufige Kirchenleitung wiederum distanzierte sich in der Folge von Karl Barths Schreiben und wies den Vorwurf des Verrats zurück.


Das Reichskirchenministerium übte zunehmend Druck aus, und die Bischöfe der „intakten“ Landeskirchen wurden zu einer Erklärung gezwungen, in der sie die Gebetsliturgie aus religiösen und vaterländischen Gründen ablehnten. In der Folge wurde die Zweite Vorläufige Kirchenleitung fast völlig isoliert, ihre Mitarbeiter mussten Verhöre über sich ergehen lassen und unterlagen Reisebeschränkungen. Eine Einigung zwischen den beiden Lagern der Bekennenden Kirche war in weite Ferne gerückt.


Quelle / Titel


  • © Ev. Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte München, C 3. 25

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