Magdalene Thimme


Magdalene Thimme wurde am 3. November 1880 in Lohe bei Nienburg/Weser geboren. Als siebtes von elf Kindern einer Pastorenfamilie ging sie zunächst auf keine öffentliche Schule. Der Vater Gottfried Thimme (1837–1916) unterrichtete seine älteren Kinder selbst und diese gaben ihr Wissen an die jüngeren weiter. Später besuchte sie eine Mädchenschule und darauf die höhere Töchterschule in Hannover. 1903 nahm sie eine Stelle als Lehrerin an der Privatschule der Missionsanstalt Hermannsburg an. Ab 1905 studierte Thimme in Göttingen Englisch, Deutsch und Religion für das Lehramt und begann 1913 ihre Arbeit am Kippenberg-Gymnasium in Bremen. Anders als ihre deutschnational eingestellte Familie teilte sie 1914 die Kriegsbegeisterung nicht. In den zwanziger Jahren kam Magdalene Thimme mit Arbeiten von Karl Barth (1886–1968) in Berührung, mit denen sie sich intensiv beschäftigte, vor allem mit seiner Auslegung des Paulus-Briefes an die Römer. Im Winter 1926/27 ließ sie sich für ein halbes Jahr beurlauben, um Barth in Münster zu hören. Als nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler die Deutschen Christen sich in der evangelischen Kirche breit machten, fand sie in der Bremer St. Stephani-Gemeinde eine theologische Heimat. In den Pastoren Gustav Greiffenhagen (1902–1968) im Südbezirk und Fritz Schipper (1910–1945) im Nordbezirk der Gemeinde begegnete sie hier zwei Schülern Barths. Vor allem mit Greiffenhagen verband sie in den Jahren der NS-Herrschaft eine intensive Freundschaft und nachhaltige Zusammenarbeit. Sie ersetzte den Pastor, als dieser verhaftet und eingezogen wurde und später Haus- und Predigtverbot erhielt. Mit Vorträgen, Predigtausarbeitungen und Konfirmandenbriefen hielt sie die Gemeinde des Südbezirks zusammen.


Am 23. Oktober 1934, vier Monate nach der Bekenntnissynode in Barmen, an der Greiffenhagen als einziger Bremer Vertreter teilgenommen hatte, wurde auch in der Stephani-Gemeinde ein Bruderrat gewählt. Ohne lange Diskussionen, ob überhaupt Frauen zugelassen sein sollten, wurde Magdalene Thimme in dieses Gremium gewählt und mit Elisabeth Forck (1900–1988), ebenfalls Lehrerin, eine weitere Frau. Gemeinsam mit Greiffenhagen verfasste Thimme die Textgrundlage für die erste und einzige Bremer Bekenntnissynode im Februar 1935.


Mit Wirkung vom 18. September 1937 wurde sie zwangsweise in den Ruhestand versetzt, da sie sich weigerte, dem NS-Lehrerbund und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt beizutreten. Als Pensionierte konnte sie ihre ganze Kraft und Zeit der Gemeinde und theologischen Fragen widmen. Sie hielt wöchentliche Bibelstunden für Erwachsene und für Jugendliche, leitete einen Helferkreis, veröffentlichte grundsätzliche Überlegungen zur Taufe, zur Konfirmation und zum Abendmahl, beteiligte sich an der Arbeit für eine neue Gemeindeordnung. Später übernahm sie weitgehend die Arbeit des Pastors, nachdem Gustav Greiffenhagen eingezogen und nach Hamburg versetzt worden war, von wo er nur noch sonntags zu den Gottesdiensten kommen konnte.


Dabei fand sie Unterstützung durch weitere Lehrerinnen, die ebenfalls der Gemeinde angehörten. Im Landesbruderrat drängte sie auf Entschiedenheit und Konfrontation, wenn es wieder einmal Order und Eingriffe seitens der Gestapo oder des Landesbischofs Heinrich Weidemann (1895–1976) gab. Ihre und Greiffenhagens Entschiedenheit führte zu Auseinandersetzungen im Landesbruderrat, der sich den Deutschen Christen und der NS-Obrigkeit gegenüber eher kompromissbereit zeigte. Die Konsequenz für St. Stephani-Süd hieß schließlich Austritt.


Lange vor dem Erlass der Nürnberger Gesetze am 15. September 1935 hatte sich Magdalene Thimme mit der sogenannten Judenfrage auseinandergesetzt. Für sie waren und blieben Juden gleichberechtigte Bürger Deutschlands. Im Oktober 1941 aber begann die Deportation der Bremer Juden. In St. Stephani-Süd wurden mehrere zur Gemeinde gehörende getaufte Sternträger vor ihrem Abtransport in einem Gottesdienst am 2. November besonders gesegnet, mit Geld aus der Kollekte und warmer Kleidung ausgestattet in der Annahme, sie würden zum Arbeitseinsatz im Osten gebracht. Der Vorgang wurde denunziert und zehn Gemeindeglieder vorübergehend verhaftet. Die Pensionärin Magdalene Thimme blieb unbehelligt und erreichte, dass die Gemeindeleitung in Briefen an den Bremer Bürgermeister, an das Reichskirchenministerium und an die Deutsche Evangelische Kirchenkanzlei gegen die Verhaftungen protestierte. Dafür musste sie 500 Reichsmark Strafe zahlen.


Als überzeugte Kriegsgegnerin verurteilte sie sowohl während der Zeit des Nationalsozialismus als auch nach 1945 jede Art von Krieg. Noch im Jahr vor ihrem Tod hielt sie diese Überzeugung in einem Wort zum Frieden schriftlich fest. Magdalene Thimme starb am 12. Mai 1951 in Bremen.


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