Heinrich Hermann


Heinrich Hermann verbrachte seine Kindheit in der Schweiz. Mit zwölf Jahren kam er nach Wilhelmsdorf und besuchte bis zum Ende seiner Schulzeit das dortige Knabeninstitut. Familiäre Beziehungen mögen diesem Schritt zu Grunde gelegen haben, denn der Pfarrer der Brüdergemeinde war mit einer Schwester Hermanns verheiratet. Nach Beendigung der Schulzeit lernte er zunächst den Beruf des Schriftsetzers, der ihn jedoch nicht ausfüllte. Er kehrte der Schriftsetzerei nach nur zwei Jahren den Rücken und ließ sich in St. Chrischona bei Basel zum Diakon ausbilden.


Zunächst arbeitete er als Stadtmissionar in Chur und engagierte sich dort bereits in der Taubstummenseelsorge. Von 1927 bis 1936 war er Hausvater in der Heil- und Pflegeanstalt Stetten im Remstal. Dann wechselte er in gleicher Position an die Taubstummenanstalt der Zieglerschen Anstalten in Wilhelmsdorf.


Hermann führte die Einrichtung durch die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft. Er weigerte sich, die T4-Meldebögen zu bearbeiten und bat in verschiedenen schriftlichen Eingaben um das Leben seiner Pfleglinge. Trotz aller Bemühungen konnte er die Ermordung von 18 Pfleglingen in Hadamar nicht verhindern. Im Zuge planwirtschaftlicher Veränderungen auf dem gesamten Gesundheitssektor wurde die Taubstummenanstalt zur reinen Fürsorgeeinrichtung degradiert. Pflegebedürftige Kranke mussten in speziell dafür ausgewiesene Heil- und Pflegeanstalten überführt werden. Auch diese Verlegungen versuchte Hermann zu verhindern. Abermals ohne Erfolg: Im Herbst 1943 wurden erneut Pfleglinge aus Wilhelmsdorf abgeholt. Sie kamen in die Einrichtungen nach Heggbach und Zwiefalten. Zehn von ihnen verstarben unter zum Teil ungeklärten Umständen.


Heinrich Hermann arbeitete bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1947 in der Zieglerschen Taubstummenanstalt. Wilhelmsdorf sollte er bis zu seinem Tod im Jahr 1961 treu bleiben. Seinen Zeitgenossen blieb Hermann als engagierter Christ in Erinnerung. Er erteilte in den umliegenden katholisch geprägten Dörfern evangelischen Religions- und Konfirmandenunterricht und besuchte kranke Gemeindeglieder.


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