Christ­li­cher Wi­der­stand


Der nationalsozialistische Staat war ein totalitärer Staat: Er beanspruchte die vollständige Kontrolle über alle Bereiche der Gesellschaft und ihrer Mitglieder.


Auch gegenüber der Religion, gegenüber ihrer Lehre und ihrer Praxis versuchten die nationalsozialistischen Machthaber, diesen Anspruch durchzusetzen. Dieses Bestreben musste notwendig mit dem christlichen Glauben in Konflikt geraten. Denn das Engagement für die Gesellschaft und die Legitimität einer politischen Ordnung sind für Christinnen und Christen aus dem persönlichen Bekenntnis zu Jesus Christus abgeleitet. Politische Zielsetzungen können daher nur aus dem Glauben folgen. Wo nicht, wie bei den Deutschen Christen, die politischen und weltanschaulichen Ziele des Nationalsozialismus mit denen des Christentums als identisch angesehen wurden, bestand daher eine grundsätzliche Spannung zwischen dem christlichen Glauben und den nationalsozialistischen Zielsetzungen, auch wenn sich diese Spannung keineswegs überall, nicht einmal bei einer Mehrheit der Christinnen und Christen in einer aktiven Distanzierung äußerte.


Dennoch gab es eine Vielzahl von Handlungen, die sich gegen das totalitäre politische Machtstreben des NS-Staats und seines politischen Personals sowie dessen verbrecherische Maßnahmen wendeten. Alle solche Aktionen werden, sofern sie sich auf christliche Werte stützen, im Folgenden als christlicher Widerstand verstanden.


Dabei hilft ein allzu einfaches Schwarz-Weiß-Schema nicht weiter, zu vielschichtig und breit gefächert sind die Widerstandshandlungen: von Nichtmitmachen, Widerspruch und situativer Verweigerung über öffentliche Kritik und Resistenz bis zu einem subversiven Kampf für einen politischen Umsturz. Durch den gewählten weiten Widerstandsbegriff sollen ganz bewusst alle Ausformungen des Widerstands gewürdigt werden, ohne aber die qualitativen Unterschiede zu negieren.