Opfer der NS-Gewaltherrschaft


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Während Friedrich von Praun sich in den ersten Vernehmungen noch selbstbewusst verteidigte und in unseres Gottes Hand (zit. nach Mensing, Gewalt, S. 14) geborgen wusste, war er nach der Entscheidung des Nürnberger Sondergerichts, ihn wegen Wehrkraftzersetzung dem Volksgerichtshof auszuliefern, in seinen Grundfesten erschüttert. Angesichts der drohenden Todesstrafe sagte er beim letzten Besuch seiner Frau Irene tief verzweifelt immer wieder Kopf ab … Ich – Wehrmachtszersetzung? (zit. nach Huber, Praun, S. 272). Seine Frau schätzte seinen Zustand als so bedenklich ein, dass sie ihn in ein Krankenhaus bringen lassen wollte.


Dazu kam es allerdings nicht mehr: Am Morgen des 19. April 1944 wurde von Praun in seiner Nürnberger Gefängniszelle tot aufgefunden. Die offizielle Todesursache lautete: Selbstmord durch Erhängen. Es gibt zwar Indizien, die auf einen Suizid hindeuten, die tatsächlichen Umstände seines Todes sind aber bis heute ungeklärt. Unabhängig davon, auf welche Art von Praun zu Tode kam, starb er als Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft (Mensing, Gewalt, 17).


Für die Beisetzung von Prauns machte die Gestapo der Kirche zur Auflage, dass keine Ausführungen über die Straftat und die Haft des Untersuchungsgefangenen gemacht werden durften. Bei der Trauerfeier in Unterdeufstetten, die von der Gestapo überwacht wurde, hielten sich die kirchlichen Redner dann auch an diese Auflagen. Neben dem zuständigen Seelsorgegeistlichen sprachen Oberkirchenrat Georg Kern (1885–1947) für das Ansbacher Erziehungsheim und Landesbischof Hans Meiser (1881–1956), der tief bewegt die Verdienste von Prauns würdigte.


Nach dem Bericht eines jungen Theologen, der nicht selbst an der Feier teilnahm, war von Prauns Witwe Irene von den kirchlichen Reden allerdings enttäuscht, weil sie gehofft hatte, dass ihr Mann eine Würdigung als Märtyrer der Kirche (zit. nach Huber, Praun, S. 275) erfahren würde. Als dies nicht der Fall war, trat sie demonstrativ an den Sarg und sagte: Selig sind, die um [der] Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn sie werden Gott schauen (ebd.).


Kern und Meiser befürchteten wohl, die Trauerfeier würde zu der von der Gestapo verbotenen politischen Demonstration geraten, und verließen daraufhin den Saal. Zu einem Zerwürfnis zwischen Meiser und Irene von Praun kam es deshalb jedoch nicht. Nachdem Meiser ihr während der Haftzeit von Prauns beigestanden hatte, informierte sie ihn 1948 über einen Gedächtnisgottesdienst für ihren Mann und grüßte den Bischof in dankbarer Erinnerung (zit. nach ebd., S. 278).


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