Denunziation, Haft und Prozess


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In der Nacht vom 10. auf den 11. August 1943 hielt sich Friedrich von Praun während des alliierten Luftangriffs auf Nürnberg in einem Luftschutzkeller in Ansbach auf. In diesem Keller und auf dem Heimweg begegnete er vermutlich zufällig einer jungen Mitarbeiterin des SD und einer weiteren jungen Frau. Am folgenden Tag denunzierte ihn die Mitarbeiterin des SD auf ihrer Dienststelle. Sie und ihre Begleiterin behaupteten, von Praun habe sich abfällig über Hermann Göring (1893–1946) geäußert, die vom NS-Regime angekündigte „Wunderwaffe“ sowie den „Endsieg“ in Frage gestellt und gesagt: Man soll nicht auf Menschen vertrauen und soll auf Gott vertrauen (zit. nach Gedenkveranstaltung, S. 4).


Der SD gab die Denunziation an die Gestapo weiter, die Ermittlungen aufnahm und Anfang Oktober 1943 festhielt: Friedrich von Praun, der, wie hier bekannt ist, dem Nationalsozialismus ablehnend gegenübersteht, soll sich über den Reichsmarschall in ironischer Weise geäußert und sonst an den Maßnahmen der Reichsregierung bzw. der Führung der Wehrmacht unsachgemäße Kritik geübt haben (zit. nach ebd., S. 2). Im Verhör bestritt von Praun zwar die ihm zur Last gelegten Aussagen, wurde am 18. Oktober 1943 jedoch ohne richterliche Verfügung verhaftet und im Gerichtsgefängnis Erlangen inhaftiert.


Von Praun protestierte vergeblich, die Festnahme sei eine unrechtmäßige Gewaltmaßnahme. Seine Lage verschärfte sich noch, als die NSDAP Ansbach bei der Gestapo ein vernichtendes politisches Zeugnis über ihn abgab. Die Partei musste zwar zugestehen, dass ihm ein staatsfeindliches Verhalten nicht nachgewiesen werden könne, urteilte aber, er sei in jeder Hinsicht politisch unzuverlässig und habe sich stets im Gegensatz zur nationalsozialistischen Weltanschauung gestellt (zit. nach ebd., S. 11f.). Daraufhin wurde er am 18. Dezember 1943 an das Sondergericht Nürnberg überstellt, wo er in Untersuchungshaft kam.


Während die Anklageschrift von Praun noch einen Verstoß gegen das Heimtückegesetz vorwarf, suchte die NS-Terrorjustiz bereits nach Anhaltspunkten, um ihn wegen Wehrkraftzersetzung anzuklagen. Darauf stand die Todesstrafe. Dementsprechend verlief auch die Verhandlung gegen von Praun am 4. April 1944: Richter Rudolf Oeschey (1903-1980), der im Nürnberger Juristenprozess 1947 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, beschimpfte von Praun in demütigender und entwürdigender Weise als schlimmere[n] Verbrecher als andere (zit. nach ebd., S. 16), ignorierte entlastende Aussagen und machte es von Prauns Anwalt mit lautstarkem Gebrüll unmöglich, seinen Mandanten zu verteidigen.


Oeschey verkündete schließlich eine Entscheidung, die wohl von vornherein feststand: Es bestehe der dringende Verdacht auf Wehrkraftzersetzung, die Verhandlung werde ausgesetzt und der Fall an den Volksgerichtshof unter Roland Freisler (1893–1945) überwiesen.


Wie der von der Münchner Kirchenleitung entsandte Beobachter Oberkirchenrat Richard Pflügel (1881–1973) feststellte, war der Ausgang der Verhandlung für von Praun niederschmetternd. Er empfahl deshalb, ihn im Gefängnis zu besuchen und seiner Ehefrau Irene beizustehen. Während Landesbischof Hans Meiser (1881–1956) Irene von Praun während der gesamten Haftzeit ihres Mannes – meist gemeinsam mit Pflügel – regelmäßig besuchte oder empfing, fand ein Besuch eines Mitglieds der Kirchenleitung im Gefängnis nicht statt. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.


Quelle / Titel


  • © 1: Foto: Ulrike von Haldenwang; 2: LAELKB, LKR 0.2.0003 – 55672

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