Öffentliche Bekanntgabe von Kirchenaustritten


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Seit 1936 stieg die Zahl der Austritte aus der evangelischen Kirche sprunghaft an. Am 18. Februar 1937 verbot Reichsinnenminister Wilhelm Frick mit einem Runderlass jede öffentliche Bekanntgabe der Namen von Personen, die aus der Kirche ausgetreten waren. Insbesondere untersagte er, die Namen von der Kanzel zu verlesen. Als Rechtsgrundlage diente die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933. Bei Zuwiderhandlung drohten Gefängnis- oder Geldstrafen.


Der Erlass richtete sich gegen die vielerorts übliche kirchliche Praxis, Kirchenaustritte mit Namensnennung in den Gottesdiensten von der Kanzel abzukündigen. Mit dem Erlass wollte der NS-Staat verhindern, dass Austrittswillige wegen der Bekanntgabe ihres Namens vom Kirchenaustritt abgehalten wurden.


Der Bruderrat der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union wies die Gemeinden in einem Beschluss vom 3. Juni 1937 an, Kirchenaustritte auch weiterhin im Gottesdienst bekannt zu geben. Die Gemeindemitglieder hätten ein Recht zu erfahren, wer sich von der christlichen Gemeinde getrennt hat. Außerdem habe die Gemeinde die Pflicht zur Fürbitte für die Ausgetretenen.


Zahlreiche Bruderratsmitglieder wurden daraufhin von der Gestapo verhaftet. Der Bruderrat blieb jedoch bei seiner Haltung und stellte in einem Beschluss vom 27. Juni 1937 fest: Keine weltliche Obrigkeit kann die Gemeinden von dieser Pflicht der Fürbitte … entbinden, auch ist die Gemeinde nicht in der Lage, sich die Übung dieser Pflicht durch weltliche Gewalt verbieten zu lassen.


Verstöße gegen das staatliche Verbot der Bekanntgabe von Kirchenaustritten wurden von der Gestapo mit harten Maßnahmen verfolgt. Zahlreiche Pfarrer wurden von ihrem Amts- und Wohnsitz ausgewiesen, verhaftet und vor Gericht gestellt.


Dazu gehörte auch ein Pfarrer aus Schlesien, der noch zwei Jahre nach dem Verbot die Namen von Ausgetretenen verlas und dafür vom Sondergericht Breslau zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Zur Begründung gab er im Sinne der Weisung des altpreußischen Bruderrats an, das Wesentliche sei für ihn … die Fürbitte für die ausgetretenen Gemeindemitglieder und dafür habe er für notwendig gehalten, dass die Gemeinde, die mit ihm … diese rein kirchliche Handlung vornahm, die Namen derer kannte, für die sie geschah.


Quelle / Titel


  • ©Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, 50/46, Bl. 141f.

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