Rassisch verfolgte Christen und Juden


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Im Herbst 1941 begann die Deportation der Bremer Juden. In einem Abendmahlsgottesdienst am 2. November anlässlich des Reformationsfests verabschiedete die Gemeinde St. Stephani-Süd mehrere rassisch verfolgte Christen aus ihren Reihen. Man glaubte noch, sie würden zu einem Arbeitseinsatz in den Osten verschickt. Greiffenhagen predigte über die Seligpreisungen aus der Bergpredigt. Die Christen wurden vor ihrer Deportation ausdrücklich gesegnet, mit warmer Kleidung und Geld aus der Kollekte ausgestattet und nach dem Gottesdienst herzlich verabschiedet.


Ein Nachbar und Kollege Greiffenhagens, der den Deutschen Christen angehörte, beobachtete das Geschehen und denunzierte die Betroffenen bei der Gestapo. Zehn Gemeindeglieder wurden vorübergehend verhaftet. Greiffenhagen wurde die Erlaubnis entzogen, Zivil zu tragen und an Wochenenden zu predigen. Vor Schlimmerem, die Abkommandierung an die Ostfront, bewahrte ihn ein Kommandeur. Greiffenhagen wurde nach Itzehoe, später nach Dänemark versetzt. Seiner Frau entzog man die Hilfskräfte in dem kinderreichen Pastorenhaushalt.


Am 4. November 1941 verfasste Greiffenhagen als Gefreiter der Wehrmacht für seinen Vorgesetzten einen Bericht über die Vorgänge. Die Gestapo sei in sein Haus gekommen, habe seiner Frau zugesetzt, die gesundheitlich angeschlagen gewesen sei und daraufhin eine Herzattacke bekommen habe. Gegenüber dem Gestapo-Beamten habe er seine Haltung zu den rassisch verfolgten Christen wie folgt erklärt: Im Raume der Kirche gelten die Unterschiede, die im Raume des Staates und der Welt ihre Berechtigung haben, und haben mögen, nicht. In der Kirche heißt es: Hier gilt weder Mann noch Weib, weder Jude noch Grieche, weder Knecht noch Freier! Gleichzeitig äußerte er sich negativ über die Juden. Sie hätten lieber dem Mörder und Aufrührer Barrabas das Leben geschenkt als dem, den die Juden noch heute meinen mit Fug und Recht ans Kreuz genagelt zu haben. Damit hätten sie sich dem Geist des Aufruhrs und des Mordes ergeben. Bei aller Widerständigkeit gegen die staatlich gestützten Deutschen Christen und seiner Ablehnung des nationalsozialistischen Rassekults vertrat auch Greiffenhagen einen traditionellen Antijudaismus. Zudem erklärte er gegenüber dem Gestapo-Beamten, er habe als Deutscher den Kampf gegen die Juden längst geführt, ehe davon geredet wurde, indem ich nicht bei ihnen kaufte und sie nicht in Anspruch nahm. Im Unterschied zu Rassenantisemiten hielt er aber einen Gesinnungswechsel von Juden, d. h. den Übertritt zum christlichen Glauben, für möglich. Dann aber sollten diese Menschen kirchlicherseits auch wie Mitchristen behandelt werden, so seine Argumentation gegenüber dem Beamten. Ihre Verschonung bei der staatlichen Diskriminierung und Verfolgung verlangte er indes nicht. In Bezug auf die Juden plädierte er für deren gesetzeskonforme Behandlung.


Quelle / Titel


  • © Gemeinde St. Stephani Bremen, Akte Gustav Greiffenhagen (Archiv der Bremischen Evangelischen Kirche)

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