Ein bekenntnischristliches Ehepaar


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Die gemeinsamen Veranstaltungen und Informationsabende des Landesbruderrats fanden – von Gestapospitzeln überwacht – im Gemeindehaus von Unser Lieben Frauen statt. Karl Stoevesandt war Vorsitzender des Bruderrats und Mitherausgeber eines Rundbriefs, den er zwar unter Druck der staatlichen Zensur vorlegte, dessen Empfänger er aber nicht preisgab. Er wurde mehrmals verhaftet, erhielt Aufenthaltsverbote in Hamburg und Schleswig-Holstein, als er dort Vorträge halten wollte. Dabei ging es ihm vor allem um Theologie und um eine von allen Bekenntnisgruppen getragene Interpretation der Barmer Theologischen Erklärung von 1934. Als deutsch-nationaler und konservativer Staatsbürger befürwortete er durchaus einen starken Staat, lehnte aber, wie viele Bremer Kirchenvertreter mit ihm, jede Vermischung von Religion und Politik ab. Die Verfassung der Bremischen Evangelischen Kirche von 1920 lud jedoch genau dazu ein: Der Vorrang der Laien ermöglichte es den Nationalsozialisten, ihre Vertreter in entscheidende Positionen der Bremischen Evangelischen Kirche zu schleusen. Präsident des Kirchenausschusses wurde der Senator und spätere Bürgermeister, der Nationalsozialist Otto Heider (1896–1960), der sich in dem von ihm eingesetzten Landesbischof Heinrich Weidemann (1895–1976) einen höchst aktiven und selbstherrlichen Verbündeten schuf. Widersetzlichkeit gegen den Bischof zog so immer auch die Aufmerksamkeit der Staatsmacht auf sich. Es war deshalb unmöglich, die zwei Reiche Staat und Kirche auseinander zu halten, auch wenn die innerkirchliche Opposition genau dies wollte.


Karl Stoevesandt machte sich neben seiner Arbeit als Arzt und als Bauherr an Unser Lieben Frauen tiefgehende Gedanken über die Kirche und über christliches Leben. 1934 erschien seine Broschüre "Verlorene Kirche? Wir Laien und die Kirche" und 1936 ein Heft über die Wirklichkeit christlichen Lebens. Beide Texte sind vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Herrschaft geschrieben.


Auch als Arzt widersetzte sich Karl Stoevesandt: Er weigerte sich 1933, dem NS-Ärztebund beizutreten und dessen Schulungsbrief zu abonnieren, lehnte die Sterilisierungsgesetze ab und hielt weiter Kontakt zu jüdischen Kollegen. 1935 wurde er wegen politischer Unzuverlässigkeit als Lehrer an der Bremer Sozialen Frauenschule abgesetzt. Dass er nicht noch stärker drangsaliert wurde, mag an seiner Beliebtheit und seinem hervorragenden Ruf als Arzt gelegen haben. Seine Tochter Klara erzählt gern die Anekdote von einer Nachbarin der Stoevesandts in der Kohlhökerstraße: Diese habe sich geweigert, ihren Beitrag zur NS-Frauenschaft zu zahlen, so lange Dr. Stoevesandt in Haft sei.


Die Beteiligung seiner Frau, der Krankenschwester Dorothee Köster, an den Auseinandersetzungen mit der Bremer Kirchenleitung und den Nationalsozialisten würdigte Karl Stoevesandt in einem persönlichen Bericht zu ihrem 70. Geburtstag, in dem er ihre konsequente Haltung betonte. Beide waren von Jugend an theologisch interessiert und gebildet. Sie waren seit 1922 mit dem Schweizer Theologen Karl Barth (1886–1968) befreundet, mit dem sie sich in der Zeit des Kirchenkampfes immer wieder in Briefen austauschten.


Quelle / Titel


  • © 1+2: Archiv der Gemeinde Unser Lieben Frauen; © 3: Privatbesitz Familie Stoevesandt

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