Das Strafurteil des Sondergerichts Hamburg


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Die Verhandlung vor dem Sondergericht Hamburg fand am 21. Juli 1939 statt. Über die Verhandlung verfasste Dr. Wenzlau, juristischer Mitarbeiter im Magdeburger Konsistorium, einen ausführlichen Bericht.


Friedrich Müller wurde Verstoß gegen § 2, Abs. 2 des sogenannten Heimtückegesetzes vorgeworfen. Müller erklärte in seiner Verteidigung, er habe lediglich das kirchliche Anliegen in dem Brief im Auge gehabt und nur für sich Abschriften gefertigt. Dies erschien dem Gericht unglaubwürdig, Müller wurde häßliche Gesinnung in gesteigertem Sinne unterstellt. Man hielt ihm aber zugute, dass er schon stets Antisemit gewesen sei, sich im Jahre 1933 vorbehaltlos zum Nationalsozialismus bekannt hatte sowie zwei Jahre Kreisleiter bei den deutschen Christen gewesen war. Als Mitglied der Bekennenden Kirche sei er aber zum Angriff übergegangen und sei zum Nationalsozialismus quer gelegen.


Frühere Rechtskonflikte, die zu Verfahren vor dem Landgericht Magdeburg geführt hatten, wurden in das Verfahren einbezogen. Müller wurde zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Untersuchungshaft wurde ihm angerechnet und der Rest der Strafe gemäß des Amnestiegesetzes vom Mai 1938 ausgesetzt unter der Bewährungsauflage, dass er sich drei Jahre gut führt und als unpolit. Pf[arrer]. segensreich wirke.


Der Pfarrer erkannte das Urteil als dem heutigen Recht entsprechend an, billigte ihm aber keine innere, sittliche Anerkennung zu. Er sah sich durch die Entwicklung zutiefst in seinem Rechtsempfinden verletzt und schrieb an das Konsistorium: Die uns zugefügten Kränkungen und Rechtsverletzungen wurden nicht gerade geleugnet, aber bagatellisiert, genau wie die Ueberfälle auf jüdische Geschäfte als ‚Ausschreitungen einzelner natürlich nicht gebilligt‘ wurden. Dass diese Verharmlosung dem juristischen Tatbestand nicht entspricht, ist unzweifelhaft. Wenn man sich auf bestehende Gesetze beruft, dann muss man sie auch gegen jedermann anwenden. Sonst kommt man zu einem Recht ad libitum.


Quelle / Titel


  • © 1+2: AKPS, Rep. A, Spec. P, Nr. 473 PA Friedrich Müller

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