Politische Beanstandung von Gengnagel 1936


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Ludwig Gengnagel schloss sich der pietistisch geprägten „Evangelischen Lehrergemeinschaft“ an. Er arbeitete dort in leitender Funktion mit und war zeitweilig Schriftleiter ihres Publikationsorgans „Der Lehrerbote“. Dort veröffentlichte er verschiedene Beiträge. So erschien im Jahr 1931 in den Nummern 32–45 sein Beitrag „Die evangelische Erziehung auf reformatorischer Grundlage und die heutige kulturelle und pädagogische Lage“.


Vor dem Hintergrund des nationalsozialistischen Totalitätsanspruchs verbot NS-Kultminister Christian Mergenthaler im Herbst 1935 allen Lehrern die Mitgliedschaft in der „Evangelischen Lehrergemeinschaft“. Am 24. November 1935 erschien zum Verbot der Berufsgruppe folgende Notiz im „Schwäbischen Merkur“:


Entgegen dem Vorbringen des Vorstands der Evang. Lehrergemeinschaft handelt es sich bei ihr nicht um eine religiöse Gemeinschaft schlechthin, sondern um eine konfessionelle Standesorganisation, die geeignet ist, die durch den NS-Lehrerbund entsprechend dem Totalitätsanspruch der nationalsozialistischen Bewegung geschaffene einzige Gemeinschaft aller Lehrer ohne Rücksicht auf Stand und Konfession des einzelnen zu beeinträchtigen. Solche Gemeinschaften haben aber im nationalsozialistischen Staat kein Daseinsrecht mehr ... Daß die Evang. Lehrergemeinschaft nicht nur der religiösen Erbauung dient, sondern auch politische Funktion erfüllt, zeigt ihre wiederholte öffentliche Stellungnahme auf Tagungen und in ihrem Organ Der Lehrerbote‘ zu Fragen der staatlichen Jugenderziehung (zitiert nach: 450 Jahre, 242).


Durch einen Erlass des Kultministeriums vom 27. Januar 1936 wurde Gengnagel wegen seiner Mitgliedschaft im Ausschuss der „Evang. Lehrerschaft“ nicht mehr als würdig empfunden, dem Ludwigsburger Ortschulrat vorzustehen. Die Leitung des Ortsschulrates wurde an einen Kollegen übertragen. Laut mündlicher Auskunft durch die nationalsozialistisch geprägte Behörde hatte er durch sein Engagement in der Lehrergemeinschaft ein politisches Fehlverhalten an den Tag gelegt. In seinem Schreiben vom 8. Februar 1936 teilte Gengnagel diese Absetzung seinen Ludwigsburger Schulleiterkollegen mit.


Dieser ersten Auseinandersetzungen mit der nationalsozialistischen Schulbehörde und ihrem NS-Kultminister sollten weitere folgen.


Quelle / Titel


  • © Marianne Gengnagel, Stuttgart

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