Der Aufstieg der Deutschen Christen 1933


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Im Januar 1933 wurde auch in Württemberg die Glaubensbewegung Deutsche Christen gegründet. Es waren vor allem Mitglieder des NS-Pfarrerbundes sowie einige Christlich-Deutsche, die sich zusammenfanden und am 19. Januar erste „Kampfziele“ formulierten: „Entlarvung des jüdischen Marxismus“ sowie Heiligung und Erhaltung der „göttlichen Naturordnungen“ Ehe, Familie, Rasse und „Blutsgemeinschaft“. Das im NS-Staat propagierte Führerprinzip sollte auch auf die Kirche übertragen werden – der ständige Ausschuss des Landeskirchentages verabschiedete daher ein kirchliches Ermächtigungsgesetz und trug am 30. Juni Kirchenpräsident Theophil Wurm (1868–1953) die Führung des Bischofstitels an.


Um den Forderungen der Deutschen Christen auf Repräsentanz in der Kirchenleitung entgegenzukommen, wurde der in der NS-Bewegung aktive Pfarrer Wilhelm Pressel (1895–1986) zum Hilfsarbeiter im Evangelischen Oberkirchenrat Stuttgart ernannt.


Die vom Staat kurzfristig auf den 23. Juli festgesetzten Kirchenwahlen fanden in Württemberg nicht statt. Die bislang im Landeskirchentag vertretenen Gruppen verständigten sich mit den Deutschen Christen auf eine Sitzverteilung, die Letzteren 32 Sitze, der Gruppe I 21 und der Gruppe II 7 Sitze einbrachte.


Damit schien in Württemberg die Wende vollzogen: Die Landeskirche war als Führerkirche organisiert, die Deutschen Christen in der Kirchenleitung präsent und der Landeskirchentag hatte eine deutschchristliche Mehrheit.


Allerdings ist festzuhalten, dass sich Theophil Wurm in der Öffentlichkeit mit Jubelerklärungen zur NS-Machtergreifung zurückhielt, obgleich er im Grunde die Entwicklung begrüßte. So stützte er beispielsweise Ludwig Müller (1883–1945), den Kandidaten der Deutschen Christen, für das in Aussicht genommene Reichsbischofsamt gegen den Kandidaten der Jungreformatorischen Bewegung, Friedrich von Bodelschwingh (1877–1946), und wählte Müller dann auch auf der Nationalsynode im September 1933 mit zum Reichsbischof.


Freilich verwahrte sich Wurm bereits Mitte April 1933 dagegen, dass die Kirche wie eine Ortskrankenkasse saniert werden müsse und machte deutlich, dass sich der Staat nicht in kirchliche Einrichtungen und Angelegenheiten einzumischen habe. So sehr Wurm die neuen Wirkmöglichkeiten begrüßte – zu denken war hier insbesondere an eine breit angelegte Volksmission und ein gezieltes Ansprechen der NS-Verbände – so sehr verwahrte er sich zugleich dagegen, dass nichtkirchliche Maßnahmen und Interessen für die Arbeit der Kirche bestimmend sein sollten.


Quelle / Titel


  • © Landeskirchliches Archiv Stuttgart D1, 43

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