Arbeitgeberprotest gegen eine „Religiöse Maifeier“


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Bereits seit 1920 hatte Georg Fritze – mit Genehmigung seines Presbyteriums – in einer Kirche eine „Religiöse Maifeier“ gehalten. Nach wiederholten Beschwerden gegen diese Aktion des zwischenzeitlich weit über Köln hinaus bekannten Religiösen Sozialisten beschwichtigte Fritzes Vorgesetzter, Superintendent Georg Klingenburg, das besorgte Konsistorium in Koblenz mit dem Hinweis, gerade Fritze habe vielleicht mitbewirkt, daß in Köln die Zahl der Kirchenaustritte aus sozialdemokratischen Kreisen gegenüber der aus Barmen und Düsseldorf weit zurückgeblieben sei (Zitat nach H. Prolingheuer, Pfarrer, 58f).


Doch als die Kölner Maifeier am 1. Mai 1928 sogar vom Rundfunk übertragen wurde, wandte sich die „Vereinigung der deutschen Arbeitgeber-Verbände“ an den Evangelischen Oberkirchenrat der preußischen Landeskirche in Berlin: Die Form der Ankündigung dieser Feier könne den Anschein erwecken, als ob von Seiten der Evangelischen Kirche mit dem parteipolitischen Maifeierprogramm der Sozialdemokratie sympathisiert würde. Man wäre dem Oberkirchenrat dankbar, wenn man seine Auffassung zu dieser Frage kennenlernen könnte. Dieser hielt sich an den Instanzenweg und gab die Frage mit Bitte um Stellungnahme an die Herren des Koblenzer Konsistoriums weiter, die wiederum den Kölner Superintendenten um entsprechende Informationen baten. Klingenburg antwortete erneut diplomatisch: Die Maifeier biete eine volksmissionarische Möglichkeit. Er riet dazu, Fritze auf diesem seit Jahren beschrittenen Weg nicht zu hindern (Zitate nach H. Prolingheuer, Pfarrer, 60).


Fritze, der im Bund der Religiösen Sozialisten keineswegs einen volksmissionarischen Verein zur Bekehrung der Arbeiter sah, wollte – so seine Erklärung dem Konsistorium gegenüber – kirchlichen Kreisen die Bedeutung der sozialen Seite der evangelischen Botschaft stärker zum Bewußtsein bringen. Die begrenzte Wirksamkeit volksmissionarischer oder rein pastoraler Aufklärungsarbeit hatte er schon früher beim Namen genannt: Alles Predigen und Unterrichten und alles Verkündigen der schönsten ethischen Wahrheiten prallt ab an der Wand des privatkapitalistischen Gesellschaftssystems, das den Privategoismus zum Prinzip erhebt (Vortrag in Nürnberg vom 20.4.1921 zitiert nach: H. Prolingheuer, Pfarrer, 46). Unterstützung erhielt er durch ein Gutachten des Rheinischen Sozialpfarrers Wilhelm Menn.


Im Oktober 1928 endlich erhielt die „Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände“ vom Berliner Oberkirchenrat eine abschließende – rein formale und kirchenjuristisch korrekte – Antwort, die den Wert des immer noch wirksamen presbyterial-synodalen Prinzips deutlich macht: Bei der Selbstständigkeit unserer Gemeinden kann von Seiten der Kirchenbehörden gegen Gottesdienste, für die das Presbyterium nach § 92,2 der Kirchenordnung ein Gotteshaus zur Verfügung stellt, nur vorgegangen werden, wenn eine besondere Gefährdung allgemeiner kirchlicher Interessen droht oder erhebliche Verstöße gegen die kirchliche Ordnung nachgewiesen werden, was aber für Köln nicht der Fall ist. Flexibel erklärte der Oberkirchenrat: Die Kirche ist berufen, allen mit dem Worte Gottes zu dienen. Die Formen wechseln. (Zitate nach H. Prolingheuer, Pfarrer, 60f.)


Georg Fritze konnte mit diesem Ergebnis „rein formal“ zufrieden sein – die Arbeitgeber-Vereinigung nicht. In Einem aber stimmten beide überein: Es ging letztlich um Inhalte, nicht um Formen christlicher Botschaft.


Quelle / Titel


  • © 1+2: Archiv der Ev. Kirche im Rheinland Düsseldorf, Best. 1OB 002 (Konsistorium), Nr. 777.

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