Protest gegen Juden- und Kirchenfeindschaft 1938


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Wenige Tage nach dem Novemberpogrom wandte sich Wilhelm Freiherr von Pechmann in einem Schreiben vom 14. November 1938 an Landesbischof Hans Meiser (1881–1956). Für von Pechmann war die Zeit des kirchlichen Schweigens vorbei und der Zeitpunkt für einen gemeinsamen kirchlichen Protest gekommen. Neben den Ausschreitungen selbst waren es der öffentliche Appell von Ministerpräsident Ludwig Siebert (1874–1942) an die Einsicht der Kirche in der sog. Judenfrage und die Angriffe auf das Palais Kardinal Michael von Faulhabers (1869–1952) in München am Abend des 11. November 1938, die von Pechmann zu diesem Schritt veranlassten.


Am folgenden Tag bekräftigte von Pechmann in einem weiteren Schreiben seine Forderung: Der Kirche komme unter einer areligiösen Regierung die verstärkte Pflicht zur Mahnung und Warnung zu, wenn sich Dinge ereigneten, die das Gewissen des Volkes und die innere Entwicklung der Jugend gefährdeten. Ein Wort der Kirche sei für die Seele der bis zur Unerträglichkeit geprüften Juden ungeheuer wichtig (Zitate: F. W. Kantzenbach, Widerstand, 263).


Bei einer Besprechung am 24. November 1938 versicherten sich Meiser und von Pechmann trotz ihrer Differenzen in der Frage des Verhältnisses zur katholischen Kirche und in der sog. Judenfrage ihre unerschütterliche persönliche Wertschätzung. Von Pechmann machte aber zugleich den Gegensatz in ihrem Verständnis von Verantwortung deutlich: Während Meiser von seiner Verantwortung für die Kirche her denke, gehe er – von Pechmann – von der individuellen Verantwortung aus.


Dazu stellte von Pechmann fest, dass er Meisers Kurs nicht folgen könne und angesichts der ungeheuerlichen Juden- und Judenchristen-Verfolgung fürchte, dass die Kirche sich einer schweren, auch folgenschweren Unterlassung schuldig mache. Sie dürfe nicht zu einem Unrecht schweigen, durch welches – im vollen Widerspruch zu dem allenthalben erkennbaren gesunden Empfinden im Volke selbst – das deutsche Volk moralisch isoliert worden ist wie in seiner ganzen langen Geschichte noch nie (Zitate: F. W. Kantzenbach, Widerstand, 267).


Quelle / Titel


  • © Landeskirchliches Archiv Nürnberg, NL Meiser Nr. 62

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