Treueeid auf Hitler


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Der „Anschluss“ Österreichs versetzte die Deutschen in eine nationale Euphorie. Die deutschchristlichen Kirchenleitungen nutzten die Gunst der Stunde, um so die 1934 gescheiterte Vereidigung der Pfarrer auf Hitler doch noch in die Wege zu leiten. Am 14. März 1938 erließ die Thüringer Evangelische Kirche ein Kirchengesetz über die Vereidigung ihrer Pfarrer, zwei Tage später auch die mecklenburgische Landeskirche. Zum „Führergeburtstag“ am 20. April 1938 folgten Sachsen und die Evangelische Kirche der Altpreußischen Union, die nahezu die Hälfte des deutschen Protestantismus umfasste.


In der entsprechenden Verordnung des Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrats Berlin Friedrich Werner hieß es: Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reichs und Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe. … Wer sich weigert, den … vorgeschriebenen Treueid zu leisten, ist zu entlassen. In einer Ansprache vom Mai 1938 deutete der Evangelische Oberkirchenrat den Eid als Zeichen der innersten Verbundenheit mit dem Dritten Reich und der persönliche[n] Bindung an den Führer.


Treueidverordnungen wurden kurz nacheinander auch in fast allen anderen Landeskirchen erlassen und erstaunlich reibungslos vollzogen, trotz schwerer Bedenken einzelner Pfarrer. Dies galt auch für die zur gemäßigten Bekennenden Kirche gehörenden intakten Landeskirchen, deren Führer sich nicht dem Verdacht der politischen Unzuverlässigkeit und der Staatsfeindschaft aussetzen wollten. Obwohl der Eid nicht vom Staat angeordnet worden war, folgten sie gewissermaßen im „vorauseilenden Gehorsam“. Mitverantwortlich dürfte dabei die Obrigkeitshörigkeit gewesen sein, die ihren Ursprung auch in den Bekenntnisschriften der Reformationszeit hat. Darin wurde dem Staat das Recht zugebilligt, einen Eid einzufordern. 90 Prozent der evangelischen Pfarrer leisteten schließlich den Eid.


Zur Zerreißprobe wurde die Eidesleistung in der radikalen Bekennenden Kirche, vor allem in der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union. Dort verweigerten viele Pfarrer zunächst den Eid. In einem Schreiben vom 16. Juli 1938 vertrat der Präses der Reichsbekenntnissynode Karl Koch jedoch die Überzeugung, dass der Staat den Treueid der Pfarrer erwarte und eine Verweigerung für ihn untragbar geworden sei. Diese Auffassung machte sich Ende Juli auch die Altpreußische Bekenntnissynode zu eigen und beschloss, die zögernden Pfarrer in ihrem Gewissen zu lösen. Nun leisteten auch die meisten Bekenntnispfarrer den Eid, häufig unter Bindung an ihr Ordinationsgelübde.


Quelle / Titel


  • Gesetzblatt der Deutschen Evangelischen Kirche, Ausgabe B, Nr. 12 vom 14.5.1938, S. 49; ©EvAKiZ München.

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