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Die diffamierende mediale Verurteilung von Landesbischof Hans Meiser (1881–1956) als „Nazi-Bischof“ und die darauf folgenden spektakulären Umbenennungen der Meiser-Straßen in Nürnberg und München führten zu einer Reihe von Versuchen, historische Belege zu sammeln, die Hans Meiser entlasten und seine Erinnerungswürdigkeit wiederherstellen sollten.


Dabei exponierte sich besonders der Pfarrer und Studienrat i. R. Armin Rudi Kitzmann, der in Zeitungen und wissenschaftlichen Zeitschriften zahlreiche Beiträge und neu aufgefundene historische Quellen veröffentlichte. Kitzmann konnte u. a. die Legende widerlegen, dass Hans Meiser sich geweigert habe, an einer Gedenkfeier für Dietrich Bonhoeffer teilzunehmen, weil dieser kein christlicher, sondern ein politischer Märtyrer gewesen sei.


Große Aufmerksamkeit erregte der Philosoph und Publizist Hans Christian Meiser, der als Enkel Hans Meisers von der öffentlichen Entehrung seines Großvaters auch persönlich betroffen war. Er ging gerichtlich gegen die Umbenennung der Meiser-Straße in München vor, verhinderte die Anbringung einer fragwürdig und fehlerhaft formulierten Gedenktafel am Dienstgebäude des Münchner Landeskirchenrats und stellte in seinem 2008 veröffentlichten Buch „Der gekreuzigte Bischof“ die provozierende These auf, dass sein Großvater heute Opfer (kirchen)politischer Interessen geworden ist – wie schon 1934/35, damals allerdings als Opfer von Nationalsozialisten (H. C. Meiser, Bischof, Klappentext).


Während in Nürnberg und München die Erinnerung an Hans Meiser im öffentlichen Raum getilgt wurde, benannte die Carolinenkirche in München-Obermenzing ihren Gemeindesaal im Mai 2008 demonstrativ nach Bischof Meiser. Im Oktober 2009 fand dann am historischen Ort im großen Sitzungssaal des Landeskirchenrats eine – nicht von der Kirchenleitung veranstaltete – Gedenkfeier zur Erinnerung an die Besetzung des Landeskirchenamtes im Oktober 1934 statt, bei der neue Forschungsergebnisse präsentiert wurden, die der Entlastung Meisers dienen sollten.


Der Pfarrer und Historiker Björn Mensing spricht in diesem Zusammenhang von einer Renaissance des apologetischen Geschichtsbildes (B. Mensing, Sieger, 308). Gemeint ist damit die Wiederkehr des Geschichtsbildes der 1950er Jahre, in denen sich die bayerische Landeskirche selbst als Widerstandsorganisation stilisierte. Die Verteidiger Hans Meisers hingegen argumentieren, bei der aktuellen Verurteilung Meisers würden seine Verdienste ebenso ausgeblendet wie die historischen Hintergründe und persönlichen Motive, die ihn bei seinen Entscheidungen leiteten.


Quelle / Titel


  • © Hans-Christian Meiser, München; Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte München, Registratur

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