Nürnberger Pfarrer: Gegen den Arierparagrafen


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Am 7. April 1933 erließen die NS-Machthaber das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Danach sollten Beamte „nichtarischer Abstammung“ entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden. Die Deutschen Christen forderten lautstark eine entsprechende Regelung auch für Pfarrer und Kirchenbeamte. Im Herbst 1933 wurde in mehreren von den Deutschen Christen beherrschten Landeskirchen die NS-Gesetzgebung übernommen und der „Arierparagraf“ für kirchliche Bedienstete eingeführt.


Dazu gehörte vor allem die Evangelische Kirche der altpreußischen Union, die nahezu die Hälfte des deutschen Protestantismus ausmachte. Die altpreußische Generalsynode – die sogenannte Braune Synode – beschloss am 5. September 1933 die Übernahme des „Arierparagrafen“ in die kirchliche Gesetzgebung.


Dieser Beschluss hatte Signalwirkung. Der Vorsitzende des bayerischen Nationalsozialistischen Evangelischen Pfarrerbundes, Pfarrer Friedrich Klein (1894–1946) aus Grafengehaig, stellte daraufhin den Antrag an die Landessynode, den staatlichen „Arierparagrafen“ auch in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zu übernehmen.


Um die Übernahme des „Arierparagrafen“ zu verhindern, schlossen sich 25 Pfarrer aus Nürnberg und Umgebung zusammen und baten Landesbischof Hans Meiser (1881–1956) in einem Schreiben vom 14. September 1933, kraft seines bischöflichen Amtes, das ihn zum Hüter des Bekenntnisses bestellt, gegen diese Bekenntniswidrigkeit zu protestieren. Sie stellten dazu fest, der „Arierparagraf“ habe in dieser Art in der Kirche kein Recht, da er ihrer Ordnung und ihrem Bekenntnis widerspreche. Seine Einführung würde bedeuten, dass in unserer Kirche weder Petrus noch Paulus noch der Herr Christus selber predigen dürften.


In einem Schreiben vom selben Tag informierten sie 190 Pfarrer über ihre Bitte an den Landesbischof und forderten sie dazu auf, sich der Erklärung anzuschließen. 145 Pfarrer stimmten der Erklärung zu, 15 weitere mit Einschränkungen und 10 lehnten ab.


Durch geschickte Verhandlungen mit den deutschchristlichen Mitgliedern der Landessynode gelang es Landesbischof Meiser, dass auf der Sondersitzung der Synode vom 12. bis 14. September 1933 der Antrag auf Übernahme des „Arierparagrafen“ in die Landeskirche gar nicht erst behandelt wurde. Auch später ist es in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern nicht zur Einführung des Arierparagrafen gekommen.


Dies bedeutete jedoch nicht, dass Pfarrer und kirchliche Verantwortliche dem NS-Staat das Recht absprachen, im staatlichen Bereich „Nichtarier“ aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen oder sie durch andere Maßnahmen zu entrechten und auszugrenzen. Vielmehr gestand die Mehrheit dem Staat für seinen eigenen Bereich dieses Recht zu.


Auch für den kirchlichen Bereich erwogen einzelne Stimmen eine Übernahme des „Arierparagrafen“ aus taktischen Gründen oder forderten die Zurückhaltung von Christen jüdischer Herkunft von kirchlichen Ämtern, wie vor allem die Theologieprofessoren Werner Elert (1885–1954) und Paul Althaus (1888–1966) in ihrem „Erlanger Gutachten“ vom 25. September 1933. Da die bayerische Landeskirche ihre Integrität bis zum Ende der nationalsozialistischen Herrschaft bewahren konnte, wurde die Diskussion um den „Arierparagrafen“ jedoch nicht wieder akut.


Quelle / Titel


  • © Landeskirchliches Archiv Nürnberg, Personen LXIII, Nr. 1, Kern

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