Adam Bieber: Mitmenschlichkeit im KZ


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Herausragende Mitmenschlichkeit an einem Ort des Grauens zeigte der Flossenbürger Steinmetz Adam Bieber (1897–1963). Bieber gehörte zum Kirchenvorstand der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Flossenbürg und wurde 1941 zum Lektor berufen.


Er arbeitete zeitlebens in der Flossenbürger Granitsteinindustrie und war im Zweiten Weltkrieg bei den SS-eigenen Deutschen Erd- und Steinwerken im Konzentrationslager Flossenbürg dienstverpflichtet. Dort bildete er als Lehrmeister KZ-Häftlinge zu Steinmetzen aus.


Zu den Bieber zugeteilten Häftlingen gehörte auch der 18-jährige polnische Gymnasialschüler Kazimierz Recki. Zusammen mit anderen Polen war Recki im Oktober 1940 in Lukow verhaftet und nach einer Zwischenstation in Auschwitz am 23. Januar 1941 in das Konzentrationslager Flossenbürg verschleppt worden. Die meisten fielen in den folgenden Monaten Erschießungen durch die SS zum Opfer.


Anlässlich einer Einladung ehemaliger Häftlinge nach Flossenbürg im Jahr 1997 berichtete Kazimierz Recki, dass er und einige andere ihr Überleben Adam Bieber verdankten. In einem Brief vom 16. Januar 1997 schrieb Recki mit tiefer Dankbarkeit über Bieber (im Brief „Bebel“ genannt):


Ich habe als Steinmetz ins Halle III gearbeitet. Jede Halle hat Zivil Lehrmeister gehabt. Bebel hieß der Meister in unsere Halle III. Er war immer anspruchslos und sehr anständige Kerl. … Neben mir zwei junge Häftlinge … haben eigenen Stein bearbeitet. Ende Juli erwähnte ... Kameraden waren unerwartet abwesend. Ich habe gewusst, daß beide gestern Abends erschossen wurden.


Es kommt Meister Bebel an: Wo sind die beide? Hat es etwas gesehen? Fragt er. Gestern sind sie erschossen habe ich antworten. Donnerwetter! Das ist doch unmöglich, sagte er. ... Auf seine Gesicht habe ich Schrecken, Zorn und Unruhe bemerkt. Diese Tatsache, dieses Bild ist nie zu vergessen. Ich weiß, daß beunruhige und entrüstete Meister Bebel hat sofort um seine Bemerkung im eigenen Betrieb gemeldet. In Folge dieser Meldung wurden die Steinmetzen geretten.


Am 13. September 1941 ... wurden alle Häftlinge, die damals in Lukow verhaftet worden, erschossen. Erstenmal die Steinmetzen sind am Leben geblieben und deswegen ich lebe noch bis heute. ... Ich meine, daß wir noch lebende Steinmetzen wir sollen unsere Leben dem Meister Bebel verdanken. Mit großer Ehre erwähne ich sein Name, um welcher kann man nicht vergessen. (zitiert nach H. Sörgel, Kirchengemeinde, 168)


Quelle / Titel


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