Antisemitismus in der Weimarer Republik


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In den unruhigen Nachkriegsjahren wurde schnell ein Sündenbock für Kriegsniederlage, territoriale Verluste und politischen Systemwechsel gefunden: die Juden. Begriffe wie „Judenrevolution“, „jüdischer Bolschewismus“ und „Judenrepublik“ wurden zu politischen Kampfbegriffen mit hoher Resonanz. Antidemokratische und völkisch-antisemitische Gruppen erhielten starken Zulauf.


Unter ihnen ragte vor allem die 1918 gegründete „Deutschnationale Volkspartei“ (DNVP) und der „Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund“ (DSTB) hervor. Sie brachten mit Klebemarken, Flugblättern und Handzetteln antisemitisches Gedankengut in alle Ecken des Reiches. Von der 1919 erschienenen deutschen Ausgabe der „Protokolle der Weisen von Zion“, einem Werk des zaristischen Geheimdienstes, das die These von der jüdischen Weltverschwörung verbreitete, wurden mehrere Hunderttausend Exemplare verkauft. Der Antisemitismus radikalisierte sich.


In München begann die frühe NSDAP ab 1921 mit Kampagnen gegen jüdische Geschäftsleute, Angriffen auf prominente Juden sowie mit Übergriffen auf jüdische Friedhöfe und Synagogen. Der DSTB drohte mit Gewalt und veröffentlichte Listen mit „Schädlingen“. Nach dem Mord an Außenminister Walter Rathenau wurde der DSTB 1922 in den meisten deutschen Ländern verboten.


Antisemitische Gewalt fand sich in der frühen Weimarer Republik auch in Teilen der Bevölkerung. Während der Inflation, die zur Verarmung der Mittelschicht, zu Arbeitslosigkeit und Not führte, wurden die Schuldigen schnell in den „jüdischen Spekulanten“ gefunden. 1923 kam es vor allem in Berlin zu antijüdischen Ausschreitungen. Getragen wurde der Antisemitismus von Angestellten und Beamten sowie von Berufsgruppen, die in den Juden eine Konkurrenz erblickten: der selbstständige Mittelstand, Kaufleute, Kleinunternehmer und Handwerker, freiberufliche Akademiker und Studenten.


Während der ruhigeren Jahre der Weimarer Republik zwischen 1924 und 1928 ging die antijüdische Gewalt zurück, nicht aber die stille Ausgrenzung von Juden durch das konservative Bürgertum. In den 1930er-Jahren vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise wuchs der Antisemitismus erneut an und wurde zu einer wichtigen politischen Erscheinung.


Mit dem Aufstieg der NSDAP verschärfte die DNVP ihren antisemitischen Kurs: Sie schloss Juden aus der Partei aus und startete eine scharfe antisemitische Propaganda. Die NSDAP begann mit ihren Wahlerfolgen erneut mit antijüdischen Übergriffen und Boykottaktionen, die vor allem von der SA geschürt wurden. Gleichzeitig wurde auch innerhalb der NSDAP bereits ein politischer Maßnahmenkatalog gegen die Juden entwickelt. In der bürgerkriegsähnlichen Phase des Sommers 1932 richteten sich die terroristischen Übergriffe der Nationalsozialisten auch gegen Juden.


Quelle / Titel


  • © Universitätsbibliothek München

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