Hetzartikel im Völkischen Beobachter


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Zum Verhängnis wurde Werner Sylten der Artikel „Das Alte und das Neue Testament in den Grüßen aus dem Thüringer Mädchenheim“. Diesen Artikel hatte er nicht selbst verfasst, sondern aus einem anderen Kirchenblatt übernommen, das die obligatorische Prüfung durch die nationalsozialistische Reichspressekammer unbeanstandet durchlaufen hatte. Der Artikel enthielt lediglich Aussagen, die selbstverständlich zum christlichen Glaubensgut gehörten. Der Völkische Beobachter vom 20. September 1935 riss jedoch eine Passage aus dem Zusammenhang heraus und nahm sie zum Anlass für einen Hetzartikel gegen Werner Sylten und seine Arbeit im Thüringer Mädchenheim.


In dieser Passage hieß es: Der Gott, von dem wir dort (im Alten Testament) lesen, Jahwe, der Gott des Volkes Israel – das ist eben der wahre Gott, der sich diesem Volk kundtut, um durch das Zeugnis dieses Volkes den anderen Völkern und Rassen bekannt zu werden. Der Völkische Beobachter diffamierte den Artikel als Bekenntnis zum Talmud, das ausgerechnet im Monat des Parteitages der Freiheit an deutsche Mädchen verschickt worden sei. Während der Parteitag mit der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze jede Gemeinschaft zwischen Deutschen und Juden unter harte Strafen gestellt habe, wage es ein evangelisches Blatt, deutschen Mädchen das Heil vom Judengott Jahwe zu versprechen!


Der Völkische Beobachter griff Sylten auch persönlich an und veröffentlichte seinen Namen. In der Schlusspassage hieß es: Es ist wirklich schwer, Jahwe und den Nationalsozialismus in einer Brust zu vereinen. … Man sollte sich deshalb auch im Köstritzer Mädchenheim das Leben leicht machen und eine der beiden Lasten abwerfen. Die Entscheidung wird man uns ja sicherlich mitteilen. Der Hetzartikel des Völkischen Beobachters verfehlte seine Wirkung nicht: Anstatt sich schützend vor ihn zu stellen, begann die Thüringer Kirchenleitung gemeinsam mit dem Landesführer der Inneren Mission Gerhard Phieler und dem Thüringer Innenministerium gegen Sylten zu intrigieren, um ihn aus dem Amt zu drängen.


Quelle / Titel


  • © Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, Best. 50, Nr. 199, Bl. 142ff.

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