Bedeutung des christlichen Glaubens


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Für die Kreisauer waren der christliche Glaube und die ihm innewohnende Personal- und Sozialethik ein notwendiges Fundament für die „Gesundung des deutschen Geistes“. Sie strebten einen freiheitlichen Sozialismus im Sinne eines Dritten Weges an, zwischen den Extremen des diktatorischen Staatssozialismus und des anarchischen Privatkapitalismus, wie sie vor allem der katholische Sozialtheologe und Jesuit Alfred Delp vertrat.


In sich selbst waren die Kreisauer auch eine ökumenisch bestimmte Gruppe. Moltke führte rund 25 Gespräche mit dem katholischen Berliner Bischof Konrad Preysing und ermunterte ihn, in seinen Hirtenbriefen noch deutlicher zu reden. Er informierte die süddeutschen Bischöfe Konrad Gröber, Michael von Faulhaber und Johannes Baptista über die Kreisauer konspirative Arbeit und holte ihren Rat ein.


Eine besondere Freundschaft verband ihn mit dem gleichaltrigen Jesuiten Alfred Delp, mit dem er besonders über die katholische Soziallehre diskutierte. Moltkes Hinwendung zum naturrechtlichen Denken verdankt sich – neben seiner Schätzung der angelsächsischen Tradition – dem Dialog mit seinen katholischen Freunden im Kreisauer Kreis.


Die besondere Gemeinsamkeit mit Delp zeigte sich in den letzten Wochen ihres Lebens im Tegeler Gefängnis, wo sie in benachbarten Zellen untergebracht waren: Zusammen mit Gerstenmaier und Fürst Fugger bildeten sie eine Ökumene „in vinculis“, in Ketten.


Sie lasen gemeinsam abgesprochene Bibelstellen, verständigten sich durch die Zellenwände hindurch und feierten gemeinsam die von Delp zelebrierte Eucharistie. Sie tauschten kleine Kassiber mit persönlichen Reflexionen aus, vermittelt durch die beiden Gefängnispfarrer Harald Poelchau und Peter Buchholz. Gemeinsam hofften sie auf ein Weiterleben, waren aber auch gemeinsam bereit, für die Wahrheit ihres Glaubens den Zeugentod zu sterben. Moltke schrieb in seinem letzten Kassiber an Delp: … der Weg führe uns in die Freiheit oder an den Galgen!


Roland Freisler führte den Prozess im Volksgerichtshof gegen die führenden Kreisauer. Was ihn wohl am meisten provoziert haben dürfte, war die Tatsache, dass sich alle, einschließlich der Sozialdemokraten, zu ihrer christlichen Motivation zum Widerstand gegen das totalitäre Weltanschauungs- und Handlungssystem bekannt hatten. Sein Urteil lautete auf Tod durch den Strang oder Zuchthaus.


Quelle / Titel


  • Immanuel Giel, gemeinfrei

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