Misstrauen gegenüber den Frauen


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In den letzten Kriegsjahren standen auch die Frauen unter enormen Belastungen. Unter oftmals schwierigsten Bedingungen waren sie auf sich allein gestellt. Sie mussten weitgehend allein für ihre Familie sorgen und waren dadurch mit neuer Verantwortung konfrontiert. Über das Schicksal ihrer Männer waren viele von ihnen im Ungewissen.


Die männlichen „Volksgenossen“ und Teile des Regimes beobachteten die neue Selbstständigkeit der Frauen mit Argwohn. Insbesondere deren – vermeintliche – sexuelle Freizügigkeit machte ihnen Sorgen.


Aus allen Reichsteilen meldeten die SD-Berichte im April 1944, dass ein großer Teil der Frauen und Mädchen in immer stärkerem Maße dazu neigen, sich geschlechtlich auszuleben. In erster Linie fiele das bei den Kriegerfrauen auf. Ganz offensichtlich häuften sich in den letzten beiden Kriegsjahren auch die Fälle des verbotenen Umgangs deutscher Frauen und Mädchen mit Kriegsgefangenen.


In einem Bericht an das Reichsschatzamt der NSDAP vom 13. April 1944 wird beklagt, dass infolge der langen Dauer des Krieges … diese Umstände bei einem Teil der Frauen zu einem Absinken der Moral geführt [hätten]. Wenn die sittlichen Verwahrlosungserscheinungen auch noch nicht den Umfang angenommen haben wie in den Jahren 1914/18, so liegen doch aus allen Reichsteilen Meldungen vor, die darin übereinstimmen, daß es sich nicht mehr um Einzelerscheinungen handele, sondern daß ein großer Teil der Frauen und Mädchen in immer stärkerem Maße dazu neige, sich geschlechtlich auszuleben.


In erster Linie falle dies bei den Kriegerfrauen auf. Es gäbe in vielen Orten stadtbekannte Verkehrslokale der Kriegerfrauen, in denen sie Männer kennenzulernen suchen, um sich von ihnen nach Hause begleiten zu lassen. Die Kinder seien bei einem solchen Treiben der Mütter vielfach sich selbst überlassen und drohen zu verwahrlosen (zit. nach: Boberach, Meldungen aus dem Reich 16, S. 6482).


Da die zum Teil drakonischen Strafen kaum Folgen zeigten, setzte die Führungsetage des NS-Regimes auf die „politische Erziehung“ und den Einfluss der Kirchen. So verzeichneten die SD-Berichte im Februar 1944 ein, wie es hieß, ständiges Anwachsen der kirchlichen Betreuung der Frau … in lebensnaher Form. In dieser Betreuung sah man ebenso eine Sicherung der ethischen Haltekräfte als auch eine Stärkung des Durchhaltewillens.


Weiter hieß es in einem Bericht vom 28. Februar: Der Besuch der kirchlichen Frauenstunden beider Konfessionen ist nach den vorliegenden Meldungen überaus stark. Die die Frau persönlich ansprechende Gestaltung der Veranstaltungen sei hiernach die Hauptzugkraft. An den Veranstaltungen nehmen, wie übereinstimmend aus katholischen Kreisen bekannt wurde, vielfach Mitglieder der Frauenschaft, Ehefrauen von Parteigenossen und Amtswaltern teil.


Der weitaus größte Teil der Mitglieder der NS-Frauenschaft gehört noch der Kirche an und besucht die Gottesdienste und sonstige kirchliche Veranstaltungen (Mütter- und Frauenstunden). Ich kann allerdings nicht sagen, daß die Aktivität der NS-Frauenschaft hierdurch gelitten hätte. Viele Ortsfrauenschaftsleiterinnen besuchen regelmäßig die Kirche! (Braunschweig, aus evangelischen Kreisen), (zit. nach: Boberach, Meldungen aus dem Reich 16, 6384).


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