Euphorie und Ernüchterung


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Seit der „Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 änderten die Nationalsozialisten ihre Religionspolitik in grundlegender Weise: Hitler gab seine bis dahin gezeigte Neutralität auf und begann, vor allem mit Blick auf die am 5. März 1933 stattfindenden Reichstagswahlen, einen kirchenfreundlichen Propagandafeldzug.


Hitler wurde von protestantischer Seite als gottgesandte kirchenfreundliche Alternative zum gottlosen Bolschewismus begrüßt. Die überwiegende Mehrheit der evangelischen Christen erhoffte sich vom nationalen Aufbruch, dass der Funke übersprang und es dadurch auch zu einer Revitalisierung ihrer Kirche kommen würde.


Auch die evangelischen Kirchenleitungen gaben seit Ostern 1933 ihre Reserviertheit auf und stellten sich öffentlich hinter Hitler und den neuen Staat. Die evangelische Christenheit geriet mehrheitlich in den Sog der nationalen Erhebung. Dies machte sie blind gegenüber der Verfolgung von Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden. Auch die Einrichtung von Konzentrationslagern stieß nicht auf Kritik.


Insbesondere galt dies alles für die kirchliche Gruppierung der „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ (GDC), die sich seit 1932 darum bemühte, die nationalsozialistische Programmatik in den Bereich der evangelischen Kirche hineinzutragen. Die frühe kirchenpolitische Erfolgswelle der GDC hatte aber mit den gewonnenen Kirchenwahlen im Juli 1933 ihren Höhepunkt bereits erreicht. Es kam zur Bildung einer kirchlichen Opposition um Martin Niemöller und andere. Öffentlicher Ausdruck dieser innerkirchlichen Auseinandersetzung war die erste Reichsbekenntnissynode der kirchlichen Opposition vom 29. bis 31. Mai 1934 in Barmen.


Die Intensität, mit der der Protestantismus den „nationalen Aufbruch“ begleitete, ist bezeichnend vor dem Hintergrund einer nationalkonservativen Orientierung im Mehrheitsprotestantismus. Es fällt auf, wie schnell sich trotz der anfänglichen Euphorie schon 1934, erst recht seit 1935 mit dem restriktiven kirchenpolitischen Kurs der NS-Regierung, eine Ernüchterung breit machte.


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