Theologische Prägung in Bern


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Karl Barth, das erste Kind von Anna Katharina und Johann Friedrich Barth, kam am 10. Mai 1886 in Basel zur Welt. Der Vater, Lizentiat der Theologie, war soeben Dozent an der dortigen Predigerschule geworden, die sich als strenges Gegenmodell zur Liberalen Theologie verstand. Beide Eltern kamen aus Pfarrfamilien und waren im reformiert-orthodoxen Milieu der Stadt tief verwurzelt.


Schon 1889 zog die Familie nach Bern, wo der Vater Nachfolger des Neutestamentlers Adolf Schlatter wurde. Dieser und der Kirchenhistoriker Adolf Harnack waren damals öfter zu Gast. Seine religiöse Prägung jedoch erfuhr Karl Barth durch den Konfirmandenunterricht – nicht durch die Schule, die ihm stets lästig war.


Am Abend meines Konfirmationstages [am 23. März 1902] beschloß ich kühnlich, Theologe zu werden, sagte er später, [...] in der Hoffnung, auf dem Wege dieses Studiums zur Realisierung eines mir dunkel vorschwebenden sachlichen Verstehens des Glaubensbekenntnisses zu gelangen. Die Bekenntnisfrage wurde zum Lebensthema.


Das Theologiestudium begann Barth 1904 in Bern, setzte es nach der Zwischenprüfung („Propädeutikum“) in Berlin fort, wo er sich stark an Harnack, dem prominentesten Liberalen Theologen der Zeit, orientierte – der Vater schickte ihn daraufhin an die Tübinger Universität zu Schlatter, damit er etwas Ordentliches an positiver Theologie zu hören bekäme.


Das misslang; Barth will entsetzt gewesen sein von Schlatters Talent, über Schwierigkeiten elegant hinwegzuturnen, ohne sie gründlich anzupacken. 1908 folgte daher der Wechsel nach Marburg, wo er nach dem Examen Redaktionsassistent bei der „Christlichen Welt“ wurde, dem von Martin Rade herausgegebenen Organ der Liberalen Theologie.


Die hier gezeigte Handschrift ist ein frühes Zeugnis seines selbstbewussten theologischen Humors. Als 17-Jähriger erklärte sich „Ulichen“, wie er genannt wurde, zum neuen Papst – offensichtlich beeindruckt durch die soeben erfolgte Wahl Pius’ X. (1903).


Durch das neue Amt nunmehr am Schulbesuch gehindert, empfahl Barth die zurückgelassene Familie seinem Segen und besiegelte die Urkunde mit einem eigenen Konterfei. In der ironischen Selbstproklamation zum „Pontifex“ kommt Stolz auf die reformierte Konfession zum Tragen, zugleich aber auch ein selbstbewusster Hang zum geistreichen Vortrag.


Quelle / Titel


  • © Karl-Barth-Archiv Basel