Der Bruderhof



Der Bruderhof war eine christliche Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, die 1920 von Eberhard und Emmy Arnold gegründet wurde. Sie erwuchs aus dem Engagement in der Jugendbewegung, der Friedensbewegung (Versöhnungsbund) und aus der Bewegung des Religiösen Sozialismus. 1930 wurde sie den Hutterischen Gemeinden Nordamerikas organisatorisch angegliedert (seitdem auch „Neuhutterer“ genannt).


Ihr Ziel war ein Leben nach der Bergpredigt, im Sinne der Urgemeinde von Jerusalem (Apg 2): kein Privatbesitz, gemeinsames Wirtschaften, radikale Wehrlosigkeit/Gewaltfreiheit, keine Beteiligung an staatlichem System (Wahlverzicht). Sie leisteten soziale Arbeit u. a. durch eine eigene Schule, die mit einem Kinderheim verbunden war, das Kinder aus sozial schwachem Hintergrund aufnahm. Es bestanden Kontakte zum Gehringshof, einem jüdischen Lehrgut der religiösen Kibbutz-Bewegung; zwei Mitglieder der Gemeinschaft waren jüdischer Herkunft.


Seit der Machtübernahme Hitlers stand die Gemeinschaft im Fokus der Nationalsozialisten, wobei ihnen zunächst „Kommunismus“ vorgeworfen wurde. Die Mitglieder der Gemeinschaft verweigerten konsequent den „Deutschen Gruß“ und grüßten stattdessen mit: Alles Gute für Herrn Hitler und alles Heil durch Christus. Bei der Reichstagswahl vom 12. November 1933 gestalteten sie ihre Teilnahme als Nichtteilnahme, indem sie einen ihre christliche Position erläuternden Text an die Wahlzettel hefteten.


Eine erste große und umfassende Razzia durch Gestapo, Landjäger und SA fand am 16. November 1933 statt. Als Ende 1933 die eigene Schule verboten wurde, brachte man alle Kinder umgehend in die Schweiz. Später wurde in Liechtenstein ein eigener Bruderhof (Almbruderhof) gegründet, um die Kinder aufzunehmen und die Erziehungstätigkeit nach eigenen Grundsätzen fortzuführen. Bei Einführung der Wehrpflicht 1935 flohen alle wehrfähigen Männer auf den Almbruderhof. Als 1936 für alle in Liechtenstein lebenden Deutschen die Heranziehung zum Militärdienst angekündigt wurde, erfolgte die Gründung eines Bruderhofes in England (Cotswold Bruderhof) und die Flucht der Männer dorthin.


Kontaktversuche mit der Bekennenden Kirche (u. a. Niemöller, Bonhoeffer, Barth) und mit den deutschen Mennoniten (u. a. Benjamin Unruh) führten zu keiner dauerhaften Beziehung, u. a. wegen Unverständnis dem Prinzip Wehrlosigkeit gegenüber. Im Sommer 1936 war der „Bruderhof“ auf der Mennonitischen Weltkonferenz in Amsterdam daher als einzige deutsche Gruppe an der Erklärung Das Friedensbekenntnis der Mennoniten beteiligt.


Am 14. April 1937 wurde der Bruderhof von Gestapo, Landjägern und SS gestürmt und aufgrund §§ 1,4 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28.2.1933 aufgelöst. Drei Vorstandsmitglieder wurden verhaftet; ein freier Abzug der anderen Mitglieder über die Niederlande nach England (Cotswold Bruderhof) konnte mit Hilfe ausländischer hutterischer Unterstützung ausgehandelt werden.


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