Politisches und kirchliches Engagement nach 1945


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In der Bundesrepublik war Alfred Leikam politisch wie kirchenpolitisch sehr aktiv. Das war für ihn eine Christenpflicht. So heißt es in einem Entwurf Leikams für ein Wort der württembergischen Sozietät an die Gemeinden vom 20. Januar 1960:
Tretet in die Parteien ein, weil in ihnen die Politik wesentlich mit vorbereitet und diskutiert wird und lasst Euch davon nur abhalten, wenn es gegen Euer besseres Wissen und Gewissen geht. Wir halten alle bekannten Parteien als für einen Christen mögliche Partei. Wehrt mit aller Kraft und bei jeder Gelegenheit dem Missbrauch des Namens Jesu Christi und handelt dafür selbst im Gehorsam gegen Jesus Christus. Orientiert euch nicht an Ideologien, sondern an der Not des Nächsten. (Privatbesitz Martin Widmann)
Seit 1952 war Leikam Mitglied in Gustav Heinemanns Gesamtdeutscher Volkspartei (GVP), seit 1957 Mitglied der SPD. Er war Kreisvorsitzender und Mitglied im Kreistag. Er nahm an manchen Debatten teil, nicht zuletzt mit Leserbriefen. Selbst Freunde charakterisierten ihn als – zumindest äußerlich – „spröde“, „eckig“ und „notorisch unbequem“.
Auch Leikams kirchliches Engagement war beachtlich: Er war Kinderkirchhelfer bis 1983, Lektor seit 1957, Bezirkssynodaler von 1965 bis 1983, 2. Vorsitzender des Schwäbisch Haller Gesamtkirchengemeinderates von 1977 bis 1983, Geschäftsführer der Sozietät von 1958 bis 1972 und stellvertretender Vorsitzender des Evangelischen Männerwerkes. Er sammelte Predigten von Helmut Goes, den er sehr verehrte.
Seine vielfältigen Aktivitäten wurden 1979 mit dem „Großen Verdienstkreuz am Band“ gewürdigt.
Leikam bemängelte den, wie er fand, unkritischen Umgang mit der Schuld der Württembergischen Landeskirche in der Zeit des Nationalsozialismus: Ihm fehlte es in der Landeskirche an der Bereitschaft zu echter Umkehr und Buße. Auch meinte er, dass die Barmer Theologische Erklärung von 1934 nicht ernst genommen wurde. Ihn beschäftigte zeitlebens die Frage, was Kirche wirklich zur Kirche macht.
Die Erfahrungen von Haft und Konzentrationslager verfolgten Leikam. Zum Ende seines Lebens wurde er zunehmend von Anfechtungen – Warum habe ich überlebt? Habe ich zu Recht überlebt? Habe ich genug aus meinem Leben „gemacht?“ –, schweren Angstzuständen und Albträumen geplagt: Die erlittenen Schrecken verfolgten das Opfer und den Überlebenden.
Am 8. Februar 1992 verstarb er im Alter von 76 Jahren in Blaufelden.


Quelle / Titel


  • © Haller Tagblatt

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