Interventionen für Alfred Leikams Freilassung


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Bereits kurz nach seiner Verhaftung setzte sich der Stuttgarter Oberkirchenrat für Alfred Leikam ein und empfahl ihn der Fürbitte der Gemeinde. Auch riet er dem Kirchengemeinderat einen Rechtsanwalt mit der Wahrung der Interessen von Leikam zu beauftragten und erklärte sich bereit, die anfallenden Kosten zu übernehmen. Doch diese Maßnahmen hatten keinen Erfolg.
Fünf Jahre Buchenwald zu überleben, das wäre mit Totalopposition nicht möglich gewesen. Leikam hat die Konsequenz des ebenfalls im Konzentrationslager Buchenwald inhaftierten Pfarrers Paul Schneider (1897–1939) bewundert. Leikams Weg war jedoch ein anderer: Er genoss das Vertrauen der Kommunisten, die für die Häftlingsselbstverwaltung verantwortlich waren, und versuchte zu überleben. Seinen Glauben lebte er im stillen Handeln und stand anderen bei, soweit es möglich war. Über seine Zeit in Buchenwald berichtete Leikam später:
Die größte Anfechtung im Lager war für mich, dem alle Vorstellung übersteigenden Unrecht, das die dortige Menschen getroffen hat, wort- und tatenlos gegenüber zu stehen bzw. zwangsläufig mitzumachen, um dadurch selbst an diesen Menschen schuldig zu werden. Es gibt meines Wissens in Deutschland nur einen Menschen, der dieser Schuld nicht teilhaftig wurde. Dies war Pfarrer Paul Schneider aus Dickenschied, der sich in Wort und Tat auch gegen das Unrecht im Lager wandte und deswegen zu Tode gemartert wurde. Ich kann mich deshalb keinesfalls meiner Lagerhaftzeit rühmen, sondern nur ihrer schämen. (G. Harder/W. Niemöller, Stunde, 387)
Die unglaubliche Härte von fast sechs Jahren Haft im Konzentrationslager wirft Fragen auf: Warum wurde Leikam nicht bei der großen Amnestie vom 20. April 1939 anlässlich von Hitlers 50. Geburtstag freigelassen? Welche vermeintliche Bedrohung schien von ihm auszugehen? Über die Hälfte der 11.000 Häftlinge von Buchenwald waren freigekommen. Selbst als der Oberstaatsanwalt in Stuttgart Leikams Freilassung am 1. Juli 1941 verfügte, musste er in Buchenwald bleiben.
Leikam hatte mutige Fürsprecher in seinem 88-jährigen Großvater Johann Leikam, in seinem Notariatskollegen, Freund und späteren Korntaler Pfarrer Fritz Grünzweig. Landesbischof Theophil Wurm setzte sich beim „Reichsführer“ der SS, Heinrich Himmler, in zwei Briefen (1942, 1943) eher beiläufig für Leikams Freilassung aus der Schutzhaft ein. An einen eindringlichen 39-zeiligen Brief an Himmler, der Fürsprache für Pfarrer Martin Niemöller übte, fügt Wurm vier dürre Zeilen für den Notariatspraktikanten Leikamm [sic!] an. Dieser befinde sich nun auch schon fast 6 Jahre […] in Schutzhaft […] und lediglich wegen Äußerungen auf religiös-weltanschaulichem Gebiet.
Leikam wurde am 9. November 1943 mit fünf weiteren Häftlingen freigelassen – am 20. Jahrestag des Hitlerputsches und Marsches auf die Feldherrenhalle in München.


Quelle / Titel


  • © 1: LKA Stuttgart, Dekanatsarchiv Waiblingen Nr. 931; 2: Privatbesitz Familie Leikam; 3: LKA Stuttgart, A 126 Nr. 2156

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