Nein zu den staatlichen „Kirchenausschüssen“


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Im Oktober 1935 begann Reichskirchenminister Hanns Kerrl, in der zerstrittenen Deutschen Evangelischen Kirche und in einigen Landeskirchen „Kirchenausschüsse“ einzusetzen. Diese Ausschüsse sollten die evangelische Kirche so lange leiten, bis wieder geordnete Zustände eingetreten waren.


Am 2. Dezember 1935 verfügte der Reichskirchenminister, dass in Kirchen, in denen Ausschüsse die Leitung übernommen hatten, die Ausübung kirchenregimentlicher und kirchenbehördlicher Befugnisse durch kirchliche Vereinigungen oder Gruppen unzulässig sei. Damit wollte er die von der Bekennenden Kirche gebildeten Kirchenleitungen ausschalten.


Die Bruderräte in den zerstörten Landeskirchen bestritten dem Staat das Recht zur Einsetzung von Kirchenleitungen und weigerten sich, die Kirchenausschüsse als Leitung anzuerkennen.


Der Reichsbruderrat stellte schon am 9. Oktober 1935 fest, dass die Leitung der Kirche … an Schrift und Bekenntnis gebunden ist und der Berufung durch die Kirche bedarf. Daher bleiben die aus dem Bekenntnisrecht der evangelischen Kirche … bestellten Organe der Deutschen Evangelischen Kirche und der Landeskirchen im Amt. Die Berlin-Brandenburger Bekenntnissynode erklärte am 4. Dezember 1935, der Reichskirchenminister richte ein Regiment auf, dem die Kirche sich nicht beugen kann, ohne den Gehorsam gegen ihren Herrn zu verleugnen.


Diese Haltung wurde jedoch nicht von der gesamten Bekennenden Kirche getragen. Vor allem die intakten Landeskirchen von Bayern, Württemberg und Hannover und ein Teil des obersten Leitungsgremiums der Bekennenden Kirche – die Vorläufige Kirchenleitung unter dem hannoverschen Landesbischof August Marahrens – waren zu einer bedingten Mitarbeit an den staatlichen Maßnahmen bereit.


Die Frage der Zusammenarbeit mit den Kirchenausschüssen wurde schließlich Anlass für die Spaltung der Bekennenden Kirche, die sich auf der 4. Reichsbekenntnissynode in Bad Oeynhausen im Februar 1936 vollzog. Während sich die Bischöfe der intakten Landeskirchen im neu gegründeten „Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands“ zusammenschlossen, wählte der bruderrätliche Flügel der Bekennenden Kirche eine neue Vorläufige Kirchenleitung.


Die Bruderräte und die von ihnen eingesetzte Vorläufige Kirchenleitung blieben bis zu deren Scheitern 1937 beim „Nein“ zu den Kirchenausschüssen und beanspruchten die Kirchenleitung auch weiterhin für sich. Der NS-Staat betrachtete die Vorläufige Kirchenleitung und die Bruderräte jetzt definitiv als illegale Organisationen, begann ihr kirchenleitendes Handeln zu kriminalisieren und verfolgte sie mit Redeverboten, Ausweisungen und Verhaftungen.


Quelle / Titel


  • ©Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, 500/123

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