Der letzte Brief


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Seit dem 7./8. Oktober 1936 saß Friedrich Weißler in Gestapo-Haft und wurde verhört. Dabei stellte die Gestapo nichts fest, was die Beschuldigungen gegenüber Weißler bestätigt hätte. Die Vorläufige Kirchenleitung der Bekennenden Kirche verhielt sich derweil zwischen verschiedenen kirchenpolitischen Fronten um die Denkschrift-Veröffentlichung defensiv und abwartend. Ihr Einsatz für ihren Mitarbeiter erscheint halbherzig und gespalten.


In einem Brief an Himmler vom 4. Februar 1937 hob sie in vorwurfsvollem Ton hervor, dass Weißler entgegen den Erklärungen der Staatspolizeistelle bisher nicht den Justizbehörden übergeben worden war, sondern sich nach fast vier Monaten immer noch in polizeilicher Haft befand. Insoweit ging jenes Schreiben über alle veröffentlichten Stellungnahmen hinaus. Sein Hauptanliegen war die Bitte um Einsicht in die Ermittlungsakten. Hierfür strich die Vorläufige Kirchenleitung ihre eigenen Bemühungen um eine Ermittlung des Schuldigen heraus. Ihre Stellung zu Weißler ließ sie in der Schwebe. Sie bestand aber darauf, daß ihre Mitglieder sämtlich den Eindruck gewonnen hatten, dass Dr. Weissler ihnen die Wahrheit gesagt habe. Eine weitere Klärung sei wegen der Verhaftung Weißlers durch die Staatspolizei nicht möglich – deshalb bitte man um Akteneinsicht. (Evangelisches Zentralarchiv Berlin, Best. 50, Nr. 376, Bl. 45–48)


Diese Akteneinsicht – die der Vorläufigen Kirchenleitung die Ergebnislosigkeit der Verhöre gezeigt hätte – wurde nicht gewährt. Stattdessen überstellte die Gestapo Weißler am 13. Februar 1937 aus dem Polizeigefängnis in das Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 1937 von SS-Leuten totgeprügelt wurde.


Den Brief vom 10. Februar 1937 hatte Friedrich Weißler noch im Polizeigefängnis an seine Frau geschrieben, nachdem er von der bevorstehenden Überstellung in das Konzentrationslager erfahren hatte. Es ist sein letzter Brief. Das Wort aus Lk 8, 50 / Mk 5, 36, das Friedrich Weißler seiner Familie zum Trost hier aufschrieb, steht auf seinem Grabstein.


Quelle / Titel


  • © Privatarchiv der Familie Dr. Johannes Weissler

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