Illegale Theologenausbildung


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Im Auftrag des Provinzialbruderrates der Bekennenden Kirche in der Kirchenprovinz Sachsen hatte Wolfgang Staemmler die Verantwortung für die theologische Ausbildung der Vikare und Hilfsprediger übernommen. Diese Ausbildung wurde vom NS-Staat als illegal betrachtet, weil sie eine Kompetenz in Anspruch nahm, die an sich nur dem Konsistorium in Magdeburg zustand.


Das Magdeburger Konsistorium gehörte zur faktisch gleichgeschalteten Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. Der Provinzialbruderrat hatte dem Konsistorium daher die Vollmacht zur Leitung der Kirche abgesprochen. Ein eigenes Predigerseminar stand nicht zur Verfügung: Der NS-Staat hatte die Theologenausbildung der Bekennenden Kirche für illegal erklärt und deren Predigerseminare (Naumburg am Queis, Finkenwalde) geschlossen.


Staemmler bot den Theologiestudenten, die zur Bekennenden Kirche gehören wollten, Rüstzeiten an, die jeweils zentralen theologischen Themen gewidmet waren. Der Rundbrief der „Bruderschaft der Hilfsprediger und Vikare der Provinz Sachsen“ vom 7. Juli 1936 zeigt die schwere Belastung des Projekts. Für Rüstzeiten standen namhafte Theologen wie Helmut Gollwitzer oder Ernst Wolf als Referenten zur Verfügung. Dietrich Bonhoeffer kam gelegentlich als Gast dazu.


Die Vikare und Hilfsprediger der Bekennenden Kirche schloss Staemmler in einer Bruderschaft zusammen. Er übte seinen starken Einfluss dahingehend aus, dass sich die Vikare nicht zur 2. Theologischen Prüfung beim Konsistorium meldeten, sondern sich sowohl in der Prüfung wie der Ordination dem Provinzalbruderrat unterstellten.


Solche Standhaftigkeit hatte die Konsequenz, dass die Finanzierung des Lebensunterhalts für die jungen Theologen (und deren Familien) ungesichert blieb. Wer sich aber dem Provinzialkirchenausschuss bzw. dem gleichgeschalteten Konsistorium unterstellte, wurde aus der Bruderschaft ausgeschlossen. Die Verbindung einer so starken geistlichen Motivation mit Risikobereitschaft und Strenge in der Durchführung ist charakteristisch für Staemmlers kirchliche Haltung.


 


Quelle / Titel


  • © AKPS Rep. O3, Nr. 162

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