Mahnung an die Rechtsstaatlichkeit


  • 1tes Bild zum Dokument
    Bildlupe
  • 2tes Bild zum Dokument
    Bildlupe
  • 3tes Bild zum Dokument
    Bildlupe
  • 4tes Bild zum Dokument
    Bildlupe

Hermann Umfrid, der evangelische Pfarrer von Niederstetten, war über das Verbrechen an den Juden während der Pogrome in Niederstetten am Samstag, den 25. März 1933, genau ins Bild gesetzt worden. Die evangelische Gemeindeschwester, die mehrere verletzte Juden betreut hatte, hatte ihren Vorgesetzten über das Geschehene informiert. Umfrid war entschlossen, in der Predigt am darauf folgenden Sonntag auf die Gewalttaten einzugehen. Den katholischen Kollegen am Ort suchte er vergebens für ein gemeinsames Vorgehen zu gewinnen. Die Gemeindeschwester warnte Umfrid nach Beratung mit führenden Gemeindegliedern, daß er betreffs der Judensache nichts verkündigen soll, denn er stehe schon auf der schwarzen Liste und er grabe durch seine Verkündigung nur sein eigenes Grab (zitiert nach: E. Röhm/J. Thierfelder, Juden 1, 123).


Umfrid predigte über den für den Sonntag Laetare, den 26. März 1933, vorgesehenen Predigttext Johannes 6, 16-21. Er bekundete zunächst den anwesenden Nationalsozialisten sein Verständnis für den „nationalen Aufbruch“: Jedermann versteht eure Freude, da eine grosse Hoffnung für euch in Erfüllung gegangen ist und euren Führern so viel Macht gegeben worden ist. Ich glaube: das verstehen wir alle. Auch teilen wir ja alle – ich glaube wirklich alle! die inbrünstige Hoffnung auf einen deutschen Wiederaufstieg. Anschließend mahnte er zur Rechtsstaatlichkeit: Und der Herr Reichskanzler selbst hat seine Hilfstruppen feierlich aufgefordert, strenge Zucht zu halten und sich keine Übergriffe zu erlauben. Das war gerecht und eines Staatsmannes würdig. Denn nur die Obrigkeit darf strafen und alle Obrigkeit hat über sich die Obrigkeit Gottes und darf Strafe nur handhaben gegen die Bösen und nur wenn gerechtes Gericht gesprochen ist. Was gestern in dieser Stadt geschah, das war nicht recht. Helfet alle, dass der Ehrenschild des deutschen Volkes blank sei!!


Insbesondere den letzten Satz empfanden die Nationalsozialisten in Niederstetten als Provokation.


Quelle / Titel


  • © Landeskirchliches Archiv Stuttgart Altreg. Gen. 156b

Verwandte Inhalte