Gengnagel verweigert Umsetzung eines Erlasses


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In einem Schreiben vom 9. Juli 1937 wurden die Ludwigsburger Schulleiter durch den Bezirksschulrat aufgefordert zu berichten, was im Sinne des Mergenthaler-Erlasses in ihren Schulen geschehen war.


Rektor Ludwig Gengnagel schrieb auf diese Aufforderung hin am 14. Juli 1937 an seinen Bezirksschulrat, dass er aufgrund der gültigen Lehrpläne und aufgrund seiner christlichen Überzeugung keine Veranlassung sehe, alttestamentliche Inhalte aus dem Religionsunterricht zu streichen:


Ich könnte meinen Berufskameraden, soweit sie Religionsunterricht erteilen, nur sagen: ‚Ihr könnt den Unterricht den Ihr gebt, nicht biblisch genug geben, [...]. In dem Mass, in dem Euer Unterricht biblischen Charakter annimmt, in dem Mass tritt Gott in den Vordergrund und nicht der Mensch, und vor Gott und seinem Christus zu stehen geziemt auch dem deutschen Menschen.‘ Ich wüsste nicht, was ich aus dem württ. Lehrplan streichen müsste, ‚weil es dem Sittlichkeitsempfinden der germanischen Rasse widerspricht.


Als Christ sah sich Gengnagel zunächst Gott gegenüber verantwortlich. Als Religionspädagoge war für ihn die Bibel der wesentliche Unterrichtsstoff, in der das Wort Gottes seinen menschlichen Ausdruck gefunden hatte. Im Religionsunterricht hatte demzufolge das unverkürzte Zeugnis der Bibel als Altes und Neues Testament zu Wort zu kommen.


Neben seinem inhaltlichen Widerspruch gegen die Anliegen des Mergenthaler-Erlasses widersprach Gengnagel diesem auch aufgrund rechtlicher Bedenken: Eine allgemeine Regelung der Lehrplanfrage im ev. Religionsunterricht kann ohne Mitwirkung der ev. Kirchenleitung nicht stattfinden.


Mit seinen schriftlichen Äußerungen setzte sich Gengnagel in offenen Widerspruch zur nationalsozialistischen Schulpolitik und deren württembergischem Repräsentanten Kultminister Christian Mergenthaler.


Quelle / Titel


  • © Marianne Gengnagel, Stuttgart

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