Handlanger der NS-Rassenpolitik: „Ariernachweise“


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Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche leisteten während der NS-Herrschaft millionenfach Hilfe beim Nachweis der „arischen Herkunft“. Da erst seit 1876 zivile Standesämter existierten, konnte der sogenannte „Ariernachweis“ ohne die Hilfe kirchlicher Stellen nicht erbracht werden.


Der Ansturm auf die bei den Pfarrämtern verwahrten Kirchenbücher begann schon im April 1933, als Beamte ihre Abstammung nachweisen mussten. Ihnen drohte aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ bei nicht arischer Abstammung aus dem Dienst entfernt zu werden. Der stetig zunehmende Rassenwahn der Nationalsozialisten machte den „Ahnenpass“ für immer weitere Berufs- und Personengruppen existenziell notwendig, insbesondere nach Erlass der „Nürnberger Gesetze“ im September 1935.


Durch die massenhafte Erstellung von Ariernachweisen beteiligte sich nahezu die gesamte deutsche Pfarrerschaft an der Ausgrenzung von Juden und leistete kirchliche Amtshilfe (Manfred Gailus) bei der Durchführung der NS-Rassenpolitik. Dies gilt insbesondere für die Deutschen Christen, die aktiv Sippenforschung betrieben, um einen Beitrag zum national-völkischen Aufbruch zu leisten und die Kirche zu „entjuden“.


Dabei kam es auch zu offener oder verdeckter Zusammenarbeit mit Staats- und Parteistellen wie der nationalsozialistischen Reichsstelle für Sippenforschung, die die Stammbäume aller Deutschen bis ins Jahr 1500 zurückverfolgen sollte. Die deutschchristlich geleitete Landeskirche von Mecklenburg richtete sogar eine eigene Sippenkanzlei ein.


Die Bekennende Kirche lieferte „Ariernachweise“ ebenso bereitwillig wie der Rest der Pfarrerschaft, auch wenn sie dabei nicht mit Staat und Partei kooperierte. Die zur gemäßigten Bekennenden Kirche gehörenden Landeskirchen von Bayern und Württemberg forderten ihre Pfarrer sogar dazu auf, den „Ariernachweis“ als Gelegenheit zu Seelsorge und Volksmission auszunutzen.


Kritik an der bedenkenlosen Erstellung von „Ariernachweisen“ wurde nur von Einzelnen wie dem württembergischen Bekenntnispfarrer Paul Schempp geübt, der Landesbischof Theophil Wurm in einem Schreiben vom 8. September 1936 vorwarf: Daß die Pfarrämter zu Sippenforschungsinstituten geworden sind, dagegen haben Sie noch kein ernstes Wort gefunden.


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