Friedrich von Praun: Tod in der Haft


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Eine unvorsichtige Äußerung bei einem Luftangriff kostete den Direktor der Ansbacher Landeskirchenstelle Friedrich von Praun (1888–1944) das Leben. Er stammte aus einem alten Nürnberger Patriziergeschlecht. Am 21. Juli 1888 als Sohn des Oberamtsrichters Sigmund von Praun geboren, wuchs er in Hersbruck an der Pegnitz, Nürnberg und Erlangen auf. Seit 1908 studierte er Jura, widmete sich aber auch der Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik. Nach einer Tätigkeit als Rechtsanwalt trat er 1920 eine Stelle als Assessor bei der Leitung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern an. Im selben Jahr heiratete er Irene Freiin von Seckendorff-Gutend. 1930 wurde er von der Kirchenleitung zum Vorstand der Landeskirchenstelle in Ansbach ernannt, deren Direktor er 1936 wurde.


Politisch war von Praun tief monarchistisch geprägt. Den Nationalsozialismus verabscheute er. In seiner Schrift Die nationale Gottlosenbewegung der schwarzen Front von 1932 urteilte er, die nationalen Gottlosen seien gefährlicher als die traditionell kirchenfeindlichen sozialistischen Gottlosen. Der einzige Maßstab, den sie an Christentum und Kirche anlegten, sei der deutsche Gedanke, von dem aus alles abgelehnt wird, was ihn nicht fördert. An die Stelle des Christentums solle ein völkischer Glaube treten. Dieser Glaube verlange nach einem deutschen Gott, den er mit keinem anderen Volk gemeinsamen haben wolle. Für den Rasseegoismus des völkischen Glaubens sei das über die Volksgrenze hinaus weisende Gebot der Nächstenliebe untragbar. Christliches Wesen werde als Giftstoff im deutschen Volkskörper angesehen. (Landeskirchliches Archiv Nürnberg, PA nichttheol. Mitarbeiter Nr. 672)


Im bayerischen Kirchenkampf stand von Praun auf der Seite der Kirchenleitung unter Landesbischof Hans Meiser (1881–1956). Entschieden kämpfte er gegen die Versuche der Deutschen Christen, die Macht zu übernehmen und die Landeskirche gleichzuschalten. Er verweigerte den Deutschen Gruß und die Beflaggung seines Amtssitzes mit der Hakenkreuzfahne. Wegen seiner ablehnenden Haltung gegen den Nationalsozialismus fiel er den NS-Machthabern wiederholt negativ auf. Als er in der Nacht vom 10. auf den 11. August 1943 in einem Luftschutzkeller in Ansbach äußerte, gegen die Luftangriffe könne nicht mehr Hermann Göring (1893–1946) mit seiner Luftwaffe, sondern nur noch Gott helfen, wurde er von zwei jungen Frauen denunziert. Zwei Monate später wurde er verhaftet und wegen „defaitistischer“ Bemerkungen bzw. Verstoß gegen das Heimtückegesetz vor dem Sondergericht Nürnberg angeklagt.


Nach fünfmonatiger, qualvoller Haft fand im März 1944 die Verhandlung vor dem Sondergericht statt. Sie wurde jedoch abgebrochen und das Verfahren an den Volksgerichtshof unter Roland Freisler (1893–1945) überwiesen. Nun drohte von Praun wegen Wehrkaftzersetzung die Todesstrafe. Noch vor seiner Überführung nach Berlin verstarb er in der Nacht vom 18. auf den 19. April 1944 in seiner Zelle. Als offizielle Todesursache wurde Selbstmord angegeben. Tatsächlich wurden die Umstände seines Todes niemals aufgeklärt.


Die Kirchenleitung musste sich vor der Gestapo dazu verpflichten, daß die Beisetzung ... in schlichter religiöser Form erfolgt und dass dabei keine Ausführungen über die Straftat und die Untersuchungshaft des Angeklagten gemacht würden. Bei der Trauerfeier am 22. April 1944 hielten sich die kirchlichen Veranwortlichen dann an diese Anweisungen. Im Gegensatz dazu bezog von Prauns Ehefrau Irene eindeutig Stellung: Von den Trauerreden tief enttäuscht, trat sie im Brautkleid an den Sarg und zitierte die Seligpreisung Jesu: „Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn sie werden Gott schauen“.


Quelle / Titel


  • © Landeskirchliches Archiv Nürnberg, PA nichttheologische Mitarbeiter von Praun Nr. 672

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