Friedrich Hofmann: Gegen Ausgrenzung von Juden


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Pfarrer Friedrich Hofmann (1904–1965), 1. Vereinsgeistlicher der Inneren Mission München seit Oktober 1931, war während der nationalsozialistischen Herrschaft ein wichtiger Helfer für Schwache und Entrechtete.


Hofmann stammte aus einer Lehrerfamilie in Untersiemau bei Coburg. Durch seine Herkunft wurde er national, liberal und gemäßigt lutherisch geprägt. Unter dem Einfluss seiner Familie beteiligte er sich schon früh am kirchlichen Leben und pflegte musikalische und künstlerische Interessen. Nach seinem Theologiestudium und der Ausbildung am Predigerseminar in Nürnberg wurde er 1928 Stadtvikar in Würzburg, bevor er 1931 auf Initiative des damaligen Oberkirchenrats und seines Mentors Hans Meiser (1881–1956) zum Leiter der Inneren Mission München berufen wurde.


Wie die meisten Angehörigen seiner Generation litt Hofmann unter dem verlorenen Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Kaiserreichs. Im Mai 1933 wurde er Mitglied der NSDAP, beteiligte sich jedoch kaum am Parteileben. Von den Nationalsozialisten erhoffte er sich vor allem eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der sozial Schwachen. Zudem vertraute er auf die kirchenpolitischen Versprechen Hitlers.


Nach anfänglicher Bejahung des NS-Staates wurden diese Hoffnungen jedoch zunehmend zerstört. Hofmann blieb aber Parteimitglied, um die Wohlfahrtseinrichtungen der Inneren Mission vor dem Zugriff der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt zu schützen und bei Partei- und Staatsstellen besser Einfluss nehmen zu können.


Zu Hofmanns Desillusionierung trugen die immer offener kirchen- und christentumsfeindliche Politik der Nationalsozialisten und das Vorantreiben des Neuheidentums bei. Im bayerischen Kirchenkampf hielt Hofmann zur Bekennenden Kirche und stand entschieden auf der Seite von Landesbischof Hans Meiser.


Im weiteren Verlauf der NS-Herrschaft wandte sich Hofmann in Vorträgen gegen die christentumsfeindliche NS-Weltanschauung, verbreitete verbotene Flugblätter in den Gemeinden, ließ Parteifunktionäre nicht in den Einrichtungen der Inneren Mission sprechen, münzte die vom NS-Staat vorgeschriebenen „Betriebsappelle“ zu Andachten um und unterließ es, im innerkirchlichen dienstlichen Schriftverkehr den „Deutschen Gruß“ zu verwenden.


Nicht weniger aber geriet Hofmanns Gewissen in Widerspruch zum menschenverachtenden Umgang der Nationalsozialisten mit den Schwachen in der Gesellschaft – für die Hofmann als Leiter der Inneren Mission München schon durch sein Amt zuständig war – und mit Menschen, die nach den Kritierien der NS-Rasseideologie als Juden galten.


Aus der Phase seiner Desillusionierung stammt ein Schreiben Hofmanns an seinen Corpsbruder, den Erlanger Oberbürgermeister Hans Flierl (1885–1974) vom 13. April 1934, in dem Hofmann zwar am Nationalsozialismus festhielt, sich aber in außerordentlich eindeutiger und hellsichtiger Weise gegen die Forderung nach dem Ausschluss von „Nichtariern“ aus seiner Erlanger Studentenverbindung Corps Bavaria aussprach.


In seinem Schreiben argumentierte Hofmann, die Forderung nach einem Ausschluss der „Nichtarier“ sei weder moralisch noch politisch gerechtfertigt, sondern Ausdruck einer Psychose, für die spätere Zeiten kein Verständnis haben würden: Ich halte die Forderung des Ausschlusses jener Corpsbrüder vor meinem Verstand für unsinnig, vor meinem Gewissen für unsittlich. Ein Ausschluß müßte für sie schwerste persönliche Kränkung und bitteres Unrecht bedeuten. Hofmann bekundete außerdem die Bereitschaft, die Konsequenzen seiner Gewissensentscheidung zu tragen, sowohl für sich persönlich als auch für das Corps, dessen Bestand im Fall des Verbleibens der „Nichtarier“ gefährdet war.


Hofmann war zum Zeitpunkt des Schreibens offenbar noch nicht bewusst, dass seine Haltung mit dem Nationalsozialismus grundsätzlich unvereinbar war. Später betrachtete er die NSDAP jedoch als Verbrecherorganisation. Es blieb dann auch nicht bei seinem Einsatz für „nichtarische“ Corpsbrüder: Neben der Hilfe für Schwache und Entrechtete, die er in seinen Ämtern bei der Inneren Mission leistete, wurde er 1938 von der Kirchenleitung mit der Betreuung der „nichtarischen“ Christen beauftragt. Außerdem war er schon 1934 für die Seelsorge im Konzentrationslager Dachau zuständig und ab 1939 für die zum Tode verurteilten Häftlinge im Zuchthaus München-Stadelheim.


Nach dem Zweiten Weltkrieg musste er wegen seiner Parteimitgliedschaft sein Amt als Vereinsgeistlicher aufgeben und ein Gemeindepfarramt übernehmen, bevor er 1957 auf Fürsprache Heinrich Grübers (1891–1975) Militärgeneraldekan in Bonn wurde.


Quelle / Titel


  • © Privatbesitz Helmuth Hofmann, Ahorn-Finkenau

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