Albert Lempp: Verleger der Bekennenden Kirche


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Albert Lempp (1884–1943) war ein bedeutender evangelischer Verleger und Buchhändler. Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde er zu einer wichtigen Persönlichkeit des christlichen Widerstands, vor allem im Zusammenhang der Judenverfolgung. Lempp stammte aus einer schwäbischen Theologenfamilie und übernahm 1911 den wirtschaftlich angeschlagenen Christian Kaiser Verlag in München und die gleichnamige Buchhandlung im Münchner Rathaus.


Schnell gab Lempp dem bisherigen Hausverlag der kleinen Münchner protestantischen Gemeinde ein neues Profil, indem er Werke von bayerischen Vertretern der liberalen Theologie wie Christian Geyer (1862–1929) und Friedrich Rittelmeyer (1872–1938) herausgab.


Nach dem Ersten Weltkrieg verhalf er unter dem Einfluss seines Freundes, theologischen Beraters und Cheflektors Georg Merz (1892–1959) der dialektischen Theologie zum Durchbruch. Er übernahm die Schweizer Restauflage der bahnbrechenden Römerbriefauslegung von Karl Barth (1886–1968) und brachte sie 1922 in einer neuen Auflage heraus. Außerdem begründete er Epoche machende theologische Schriftenreihen und Zeitschriften wie „Zwischen den Zeiten“, in der bedeutende Theologen wie Friedrich Gogarten (1887–1967), Eduard Thurneysen (1888–1977) und Rudolf Bultmann (1884–1976) publizierten.


Trotz der repressiven Bedingungen in der NS-Diktatur wurde Lempp ab 1933 zu einem wichtigen Verleger der Bekennenden Kirche. 1933 erschien in seinem Verlag die programmatische Schrift von Karl Barth „Theologische Existenz heute!“, die die Herausbildung einer innerkirchlichen Opposition entscheidend vorantrieb.


In Lempps Verlag erschienen außerdem Schriftenreihen wie die „Bekennende Kirche“, in der u. a. die bayerischen Theologen Thomas Breit (1880–1966), Julius Sammetreuther (1883–1939), Karl-Heinz Becker (1900–1968), Kurt Frör (1905–1980) und Hermann Sasse (1895–1976), aber auch außerbayerische Theologen wie Hanns Lilje (1899–1977) und Hermann Diem (1900–1975) veröffentlichten.


Um Albert Lempp und seine Frau Marie bildete sich in der NS-Diktatur ein Kreis von evangelischen Laien und Theologen, die auf Seiten der von Karl Barth beeinflussten entschiedenen Bekennenden Kirche standen und den kompromissbereiten Kurs der bayerischen Kirchenleitung kritisch betrachteten. In diesem Kreis entstand 1943 der berühmte „Münchner Laienbrief“, mit dem Landesbischof Hans Meiser (1881–1956) zu einem öffentlichen Wort der Kirche gegen die Judenverfolgungen bewegt werden sollte.


Lempp selbst und verschiedene Mitglieder des Lempp-Kreises leisteten verfolgten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern auch praktische Hilfe. So beschäftigte Lempp in seinen Betrieben „nichtarische“ Mitarbeiter. 1938 half er seinem engsten Mitarbeiter und Prokuristen, dem Dramaturgen, Schauspieler, Dichter und Romanautor Otto Salomon (1889–1971) und dessen Frau bei der Flucht in die Schweiz. Während des Krieges versteckte er in seinem Haus in der Münchner Isabellastraße 20 die Buchbinderin und -restauratorin Irmgard Meyenberg (1907–2007).


Lempps Engagement für die Bekennende Kirche blieb nicht ohne Folgen: Waren zuvor schon einzelne Titel aus dem Verlagsprogramm verboten worden, erfolgte 1939 der Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer. 1940 wurde Lempp gezwungen, seinen Verlag umzubenennen in „Ev. Verlag A. Lempp/München früher Chr. Kaiser Verlag“. Nachdem Lempp kurz zuvor an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben war, wurde sein Verlag nach einer neuerlichen Manuskriptprüfung Ende August 1943 von der Reichsschrifttumsstelle des Propagandaministeriums geschlossen.


Quelle / Titel


  • © Privatbesitz Familie Lempp, München

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