Pfarrbruderschaft: Pfarrer gegen Deutsche Christen


  • 1tes Bild zum Dokument
    Bildlupe

Als wichtige kirchenpolitische Gruppierung innerhalb der Landeskirche wurde am 21./22. Mai 1934 in Rummelsberg die bayerische Pfarrerbruderschaft gegründet. Sie sollte der Abwehr der Irrlehre der Deutschen Christen dienen, Pfarrer solidarisch zusammenschließen und bekenntnistreue Gemeindeglieder unterstützen. Im Kampf gegen die gewaltsame Eingliederung der Landeskirche in die deutschchristlich geleitete Reichskirche unter Reichsbischof Ludwig Müller (1883–1945) und August Jäger (1887–1949) stand sie solidarisch an der Seite von Landesbischof Hans Meiser (1881–1956).


In klarer Abgrenzung zu den Deutschen Christen hieß es in den Grundsätzen der Pfarrerbruderschaft, eine Offenbarung Gottes in Natur oder Geschichte, d. h. in Blut und Rasse oder in Volk und Staat, könne weder als Ersatz noch als Ergänzung neben der einmaligen Offenbarung Gottes in der biblischen Heilsgeschichte eine Grundlage für Lehre und Leben der Kirche sein. Die Mitgliedschaft in der christlichen Kirche dürfe nicht an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse gebunden sein. Außerdem dürften äußere Ordnung und Leitung der Kirche nicht einfach Kopie der staatlichen Verwaltungsgrundätze sein (Führerprinzip).


Die Pfarrerbruderschaft gewann rasch an Zulauf und hatte bereits ein Jahr nach ihrer Gründung ca. 500 Mitglieder. Zu ihren wichtigsten Vertretern gehörten der Inspektor des Nürnberger Predigerseminars Kurt Frör (1905–1980), der Leiter des Volksmissionarischen Amtes der bayerischen Landeskirche Helmut Kern (1892–1941), Pfarrer Eduard Putz (1907–1990), der spätere (ab 1935) Oberkirchenrat Julius Sammetreuther (1883–1939), Pfarrer Hans Schmidt, der Direktor des Nürnberger Predigerseminars Julius Schieder (1888–1964) und Pfarrer Hermann Schlier.


Nach der Wiedereinsetzung von Landesbischof Meiser Ende Oktober 1934 blieb die Pfarrerbruderschaft grundsätzlich loyal zur Kirchenleitung. Zwischen Bruderschaft und Kirchenleitung bestanden enge personelle und sachliche Verbindungen. Wiederholt äußerte sich die Pfarrerbruderschaft jedoch auch kritisch zum Kurs der Kirchenleitung, so etwa im November 1934, als sie ein härteres Vorgehen gegen deutschchristliche Pfarrer forderte, insbesondere gegen solche, die sich Reichsbischof Ludwig Müller unterstellt hatten.


Mitglieder der Pfarrerbruderschaft standen mit der Bekennenden Kirche außerhalb Bayerns in Verbindung und nahmen an den Reichsbekenntnissynoden teil. Die Marginalisierung der Barmer Theologischen Erklärung durch die bayerische Kirchenleitung wurde aus Kreisen der Bruderschaft ebenso kritisch kommentiert wie die nach der Spaltung der Bekennenden Kirche 1936 unter bayerischer Federführung erfolgte Gründung des „Rates der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands“ (Lutherrat) als Leitung des gemäßigten Flügels der Bekennenden Kirche.


Trotz gelegentlich auch scharfer Kritik am kompromissbereiten Verhalten von Landesbischof Meiser entwickelte sich die Pfarrerbruderschaft nicht zu einer innerkirchlichen Opposition und arbeitete in den meisten Fragen kooperativ mit der Kirchenleitung zusammen. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs verlor sie ihre kirchenpolitische Bedeutung und konzentrierte sich vor allem auf die Betreuung von eingezogenen Pfarrern und ihren Familien.


Quelle / Titel


  • © Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte München, A 30.28

Verwandte Inhalte