Friedrich Veit: Gegen eine völkische Religion


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Während der Weimarer Republik wurde die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern maßgeblich durch Kirchenpräsident Friedrich Veit (1861–1948) geprägt. 1915 in die Kirchenleitung berufen, folgte Veit 1917 Hermann Bezzel (1861–1917) als Präsident der Kirchenleitung nach. Im Januar 1921 wurde er in das neu geschaffene Amt des Kirchenpräsidenten eingeführt.


Das Ende des Staatskirchentums 1918 stellte Veit vor die Aufgabe, die bayerische Landeskirche den gewandelten politischen Verhältnissen anzupassen und ihr Verhältnis zum Staat neu zu ordnen. Er war entscheidend an der Schaffung der Kirchenverfassung von 1920 und am Staatskirchenvertrag von 1924 beteiligt. Darüber hinaus führte er den Vorsitz im Deutschen Evangelischen Kirchenbund und beteiligte sich an internationalen ökumenischen Zusammenschlüssen.


Politisch war Veit zunächst monarchistisch eingestellt. Die Revolution von 1918 betrachtete er als gegen die Ordnung Gottes gerichteten selbstmörderischen Wahnsinn (Zitat nach K. Nowak, Kirche, 39). Im Verlauf der Weimarer Republik entwickelte er sich jedoch zu einem liberalen national-konservativen „Vernunftrepublikaner“, der zunächst der Deutschnationalen Volkspartei und später dem Christlichen Volksdienst nahe stand (B. Mensing, Pfarrer, 125).


Den aufkommenden Nationalsozialismus betrachtete er mit wachsender Sorge. So warnte er schon nach dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch vom 9. November 1923 vor den Auswüchsen eines überhitzten Nationalismus (Schreiben an den Landeskirchenrat vom 12. November 1923, zitiert nach: B. Mensing, Pfarrer, 78). Im selben Jahr rief er auch den Coburger Pfarrer Helmuth Johnsen (1891–1947) zur Mäßigung, der für eine rechtsgerichtete paramilitärische Organisation agitierte.


Als sich in der Endphase der Weimarer Republik immer mehr bayerische Pfarrer öffentlich für die NSDAP engagierten, mahnte Veit wiederholt zu parteipolitischer Zurückhaltung, hatte damit aber kaum Erfolg. 1931 wurde er persönlich vom antisemitischen Hetzblatt „Der Stürmer“ diffamiert, nachdem er in einem Vortrag im Evangelischen Handwerkerverein München ausgeführt hatte:


Auch die völkische Bewegung bildet für den, der es mit dem christlichen Glauben an die Offenbarung ernst ninmmt, einen Gegenstand ernster Sorge. Man will nicht mehr demütig auf die Botschaft des Evangeliums hören, sondern will sich aus den Tiefen der eigenen Seele etwas wie eine neue Religion formen, die man noch Christentum nennt, die aber nicht mehr Christentum ist. (Zitat nach W. Sommer, Veit, 92f.)


Noch deutlicher gegen eine völkische Religion wandte sich Veit in einem Vortrag vom Frühjahr 1932: Hier tut sich die furchtbare Gefahr der völkischen Bewegung auf, … daß sie nämlich Volk und Volkstum zum letzten, ja einzigen Wert machen möchte; gegenüber der Verabsolutierung von Volk, Volkstum und Rasse führe Jesus jedoch zu der Erkenntnis, daß Gott sich allen Völkern offenbart und daß sein Evangelium allen Völkern gilt. (Zitate nach W. Sommer, Veit, 94).


Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 unterließ es Veit, die neuen politischen Verhältnisse in einer kirchlichen Stellungnahme zu begrüßen. Im März 1933 rief er im Münchner Predigerseminar aus: Ich kann kein Braunhemd mehr sehen! (B. Mensing, Braunhemd). Wegen seiner unübersehbaren Ablehnung des Nationalsozialismus schien er für breite Kreise der weithin von Euphorie erfassten bayerischen Landeskirche nicht mehr tragbar. Im April 1933 wurde Veit aus den kirchenleitenden Gremien heraus zum Rücktritt gedrängt.


Quelle / Titel


  • © Landeskirchliches Archiv Nürnberg, Bildersammlung Personen, Veit Friedrich, P6-001

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